Konferenz
Freitag, 25. Juni 2010
10:30 Uhr Eröffnung: Michael Brie
Systemkrise sozialistische Alternativen
10:45 - 12:30 Uhr Systemkrise des Kapitalismus neue Ansätze für sozialistische Transformationsperspektiven?
Einführung: Joachim Bischoff, Gesine Lötzsch
Moderation: Richard Detje
Diskussion
Umgestaltung der Eigentumsverhältnisse
13:30 - 15:30 Uhr Eigentumsfrage der Kern antikapitalistischer Umgestaltung?
Einführung: Ralf Krämer, Heinz Dieterich, Klaus Steinitz
Moderation: Michael Brie
Diskussion
15:45 - 18:15 Uhr Arbeitsgruppen
AG 1: Vergesellschaftung des Finanzsektors Überwindung der Finanzsteuerung in den Unternehmen
Einführung: Thomas Sablowski, Axel Troost
Moderation: Christoph Lieber
AG 2: Umgestaltung des öffentlichen Sektors: solidarische Ökonomie und öffentliche Daseinsvorsorge
Einführung: Judith Dellheim, Klaus Lederer, Ulrike Zerhau
Moderation: Klaus Steinitz
AG 3: Wirtschaftsdemokratie, sozialökologischer Strukturwandel und gesellschaftliche Regulierung
Einführung: Heinz-J. Bontrup, Ralf Krämer, Wolfgang Krumbein
Moderation: Richard Detje
AG 4: Kapitalbeteiligung von Belegschaften: Ansatzpunkt für demokratische Unternehmenssteuerung? Perspektive KMU ökologische Konversion
Einführung: Robert Gadegast, Egbert Scheunemann, Horst Schmitthenner
Moderation: Andreas Hallbauer
19:00 - 21:00 Uhr
Neue Herausforderungen sozialistischer Politik heute Schlussfolgerungen für die Programmdebatte der Linken
Einführung: Elmar Altvater und Lothar Bisky
Diskussion
Moderation: Cornelia Hildebrandt
Sonnabend, 26. Juni 2010
10:00 - 12.30 Uhr Plenum
Veränderungen in der Regulierungsweise auf gesamtwirtschaftlicher Ebene, in der Europäischen Union und global wichtige Schritte eines Transformationsprojekts
10.00-11.15 Grundlegende Konsequenzen zur Stabilisierung der Finanzmärkte und der Währungsbeziehungen zur Unterordnung der Finanzmärkte unter die Erfordernisse eines neuen sozial-ökologischen Entwicklungspfades Bundesrepublik, EU und global
Einführungsvorträge: Rudolf Hickel, Peter Wahl
Diskussion
11.15-12.30
Anforderungen aus der Umwelt- und Klimakrise sowie zunehmender Ressourcenknappheit an eine Veränderung der Regulierungsweise für einen Systembruch zum Übergang auf einen neuen Entwicklungspfad
*Einführungsvortrag: Wolfgang Methling, Sabine Leidig
Diskussion
Moderation Lutz Brangsch
13.30-14.30 Plenum
Wie weit können und sollten heute grundlegende Eigenschaften eines Sozialismus des 21. Jahrhunderts, seiner Ziele und Wertvorstellungen sowie seiner Funktionsweise, bestimmt werden?
Einführungsvorträge: Dieter Klein, Frank Deppe
Moderation Günter Krause
15.00-17.15 Arbeitsgruppen
Arbeitsgruppe 5
Probleme der realen Vergesellschaftung des Eigentums und einer stärkeren Wirksamkeit der Triebkräfte im Interesse des sozialen und ökologischen Fortschritts
Gesellschaftliches Eigentum und Rücknahme des Staats in die Gesellschaft, Rolle von Räten
Einführung: Alex Demirovic, Manuel Kellner
Beziehungen zwischen Markt und gesellschaftlicher Planung in einer sozialistischen Alternative Rolle des Staates, Stärkung der Zivilgesellschaft und Demokratisierung der Planung
Einführung. Michael Krätke, Lutz Brangsch
Moderation: Erhard Crome
Arbeitsgruppe 6
Wege zu einer sozialistischen Alternative in Lateinamerika
Einführung: Helma Chrenko
Widersprüchliche Ergebnisse und Erfahrungen in China beim Übergang zu einer sozialistischen Marktwirtschaft
Einführung: Marlies Linke
Diskussion in der Linken in Russland über das Scheitern des sowjetischen Modells und Schlussfolgerungen für die Zukunft
Einführung: Peter Linke
Erfahrungen des Wohlfahrtsstaates in den skandinavischen Ländern
Einführung: Edeltraut Felfe
Moderation: Joachim Wahl
17.30-19.00
Podiumsdiskussion Der Sozialismus und DIE LINKE
Teilnehmerinnen: Christine Buchholz, Sabine Reiner, Kerstin Kaiser, Thies Gleiss
Moderation: Michael Brie
Gemeinsame Konferenz mit der RLS und WissenTransfer
Anmeldung per Postkarte, Fax oder E-Mail an
Uta Tackenberg, (tackenberg@rosalux.de), Rosa-Luxemburg-Stiftung, Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin (Fax 030-44 31 0-222)
oder
Peter Welker (info@helle-panke.de), Kopenhagener Str. 76, 10437 Berlin (Fax 030-47 37 87 75)
Am besten, Sie klicken einfach auf den blauen Anmeldungsbalken (siehe oben), um dann sich anzumelden.
Ein Bericht zur Konferenz von Klaus Steinitz aus der RosaLux 3/2010finden Sie hier.
Joachim Bischoff sprach mit Velten Schäfer im Neues Deutschland vom 24.6.2010, S. 6, über die bevorstehende Konferenz:
»Konturen eines Post-Kapitalismus«. Am Wochenende will sich die Linkspartei auf einer Konferenz über die Krise und deren Bewältigung verständigen.
Velten Schäfer
Herr Bischoff, am Wochenende werden in Berlin Sozialismus und Kommunismus einander ausschließen: Zeitgleich mit der Konferenz der Luxemburg-Stiftung zu »sozialistischer Politik« gegen die Krise findet in der Volksbühne ein künstlerisch-philosophischer Kongress zur »Idee des Kommunismus« statt.
Solche Überschneidungen sind auch bei moderner Kommunikation nicht zu vermeiden...
... was doch für etwas spricht. Hier werden überwiegend ältere Leute aus dem Umfeld oder von der Spitze der Linkspartei sitzen, dort eine meist junge Kultur-Linke. Scheinbar ohne Verbindung.
Die Zugänge zu beiden Diskussionen und zu den Kreisen, die sie führen, sind tatsächlich recht unterschiedlich. An der Volksbühne wird mit Referenten wie Slavoj Zizek oder Alain Badiou ein philosophisch-künstlerischer Diskurs verfolgt. Am Franz-Mehring-Platz wird es konkret um politische Interventionen gehen. Auch Badiou würde anders diskutieren, wenn es in Frankreich wie in Deutschland eine starke plurale Linke gäbe.
Dennoch kann man mit philosophischen Debatten über Kommunismus heute große Theater füllen. Erstaunt Sie das?
Wir hatten im vergangenen Jahrzehnt die seltsame Ungleichzeitigkeit des letzten neoliberalen Siegeszuges mit einem philosophischen Comeback der Linken. Ich denke an Michael Hardt und Toni Negri, die ja auch am philosophischen Gehalt des Kommunismus festhalten. Aber noch einmal: Seit 2007/2008 stehen Fragen an, auf die die Linke systemüberschreitende Antworten haben muss. Auch, weil sonst die Gefahr besteht, dass Bürger rechtspopulistischen Vorstellungen folgen.
Weil die etablierte Politik keine Antworten hat?
Noch vor wenigen Wochen stand das globale Finanzsystem erneut vor der Kernschmelze. Wie kommen wir da raus? Anders als in Nordamerika scheint sich in Europa, in England und Deutschland eine »Sparpolitik« durchzusetzen, vor der die USA warnen. Im Moment werden die Weichen in Berlin falsch gestellt. Auf die Finanzkrise und ihre verschiedenen Ausprägungen, auf die Bankenkrise, den Konjunktureinbruch und die Solvenzkrise von Staaten ist vor allem mit durch öffentliche Gelder finanzierten Rettungsprogrammen und mit von Notenbanken bereit gestellter Liquidität reagiert worden. So wurde wohl Schlimmeres verhindert und Zeit gewonnen. Eine dauerhafte Lösung der Probleme ist allerdings nicht in Sicht.
Selbst wenn es gelänge, Merkel auf Obama-Kurs zu bringen, wäre für »Sozialismus« nichts getan. Die Krise zeigt die Grenzen »immanenter« Lösungen. Ohne eine Redimensionierung des Finanzmarktes geht es nicht, und die erfordert Eingriffe, die in Richtung Vergesellschaftung weisen. Der Kredit muss wieder im Rahmen der realen Wertschöpfung funktionieren. Die Genossenschaftsbanken und Sparkassen sind, soweit sie nicht an Landesbank-Abenteuern beteiligt waren, mit ihrer kommunalen Aufsicht ein gutes Beispiel. Ähnliches gilt auch für die Industrien, die auf Staatsgelder zurückgegriffen haben. Die Hilfen ließen sich in Mitarbeitereigentum auflösen erste Konturen einer post-kapitalistischen Wirtschaft.
Ist die Hegemonie des Neoliberalismus erschüttert? Mit der Griechenlandkrise kann er auf eine alte Figur zurückgreifen: »Wir« haben über unsere Verhältnisse gelebt, jetzt »muss gespart werden«.
Ich sehe eine tiefe Verunsicherung bis ins Bürgertum hinein. Symptome sind etwa die jüngsten Forderungen aus der CDU nach einem höheren Spitzensteuersatz. »Attac« reibt sich die Augen bei der Diskussion über Bankenabgaben. Ob daraus aber zumindest ein neuer »New Deal« erwächst, eine veränderte Gewichtung im Verhältnis der Klassen, ist sehr fraglich. Die Konferenz soll auch dazu beitragen, Druck aufzubauen.
Velten Schäfer hat im ND vom 28.6.2010, S. 2, über die Konferenz berichtet:
»Alle privaten Banken sind pleite«. Die polit-ökonomische Intelligenz der Linkspartei traf sich zum Krisen-Gipfel in Berlin.
Velten Schäfer
Wo muss »vergesellschaftet« werden, wo reichen bessere Regeln die Linkspartei ist auf der Suche nach einer linken Anti-Krisenpolitik.
Ausbau der öffentlichen Infrastruktur, Stärkung von Sozialversicherungen, Mindestlohn bei Arbeitszeitverkürzung, strenge Börsenaufsicht und mehr Steuerprogression was klingt wie ein linkes Wahlprogramm, sagt Joachim Bischoff, ist tatsächlich der »keynesianistische«Inhalt des »New Deal«, mit dem sich die USA sich in den 30er Jahren aus der großen Depression zogen. »Alles gutbürgerliche Politik«, fasst der langjähriger Herausgeber der Zeitschrift »Sozialismus « und jetzige Abgeordnete der Hamburger LINKEN zusammen, »nur fehlt dem heutigen Bürgertum die Fantasie.«
Als das »Institut für Gesellschaftsanalyse « der Rosa-Luxemburg-Stiftung vor einigen Monaten eine Konferenz über »Sozialistische Politik zur Überwindung des Finanzmarktkapitalismus« plante, war noch nicht abzusehen, dass diese zeitgleich mit einem Weltwirtschaftsgipfel stattfinden würde, auf dem eine deutsch-europäische »Sparpolitik« frontal auf das US-amerikanische »Deficit Spending« stößt.
Und so diskutierten die 40 Referenten und 200 Zuhörer am Berliner Franz-Mehring-Platz neben sozialistischen Grundsätzen auch viel über kurz- oder mittelfristige Feuerwehrmaßnahmen, die mit einer »Transformation« noch nichts zu tun haben. Bei einzelnen Fragen, wie der des Spitzensteuersatzes, sieht etwa Dieter Klein von der Luxemburg-Stiftung sogar die Möglichkeit »breiter Bündnisse, bis in die Mitte der Gesellschaft, bis in die Eliten hinein«. Möglichkeiten solcher Ad-hoc-Koalitionen mit allen Willigen sah der Kongress auch bei der Frage, wie das Ratingwesen reorganisiert werden oder in Zukunft die Bilanzen geschrieben werden sollen.
Ansonsten aber ließ die ziemlich komplett versammelte Ökonomenschaft aus der Linkspartei und deren Umfeld am Wochenende wenig Zweifel an ihren gesellschaftsverändernden Ambitionen. Zwar brachte etwa Michael Krätke, derzeit Wirtschaftsprofessor im britischen Lancaster, sozialistische Wirtschaftspolitik auf die Formel »Keynes plus x«. Doch fällt die Variable in seinen eigenen Modellen ziemlich grundsätzlich aus: Krätke selbst präsentierte etwa das Modell eines Planungswesens der Zukunft vermutlich erstmals in der Geschichte als Powerpoint-Präsentation.
Der Bremer Professor Rudolf Hickel dagegen, sicher der Star-Ökonom im Umfeld der Partei, sprach sich gegen breitere Vergesellschaftungen aus. Bereits in einer scharfen Regulation im »Wegnehmen von Geschäftsfeldern« sei eine Demokratisierung zu sehen.
Axel Troost wiederum, der Banken- und Finanzexperte der LINKEN im Bundestag, präsentierte das Modell eines Finanzsektors, der ohne Privatakteure auskommt und allein aus Sparkassen und Genossenschaftsbanken besteht. Für größere Investitionen könnten »Regionalsparkassen « geschaffen werden, mitbestimmen sollen in den Instituten nicht nur die Kommune und die Belegschaft, sondern auch andere »Stakeholder« potenziell von der Politik der Bank Betroffene. Eine Revolution wäre dies nur noch in der Wahrnehmung, so Troost: »Bis auf die Deutsche Bank sind alle Privaten im Prinzip längst Pleite.«
Ob nun Vergesellschaftung oder nur regulierende Eingriffe für beides braucht man politische Mehrheiten und zwar am besten in Europa. Damit aber, berichtete der Alt-Vorsitzende Lothar Bisky lakonisch aus Brüssel, sehe es schlecht aus. »Die LINKE in Deutschland ist eine Ausnahme.«
RLS und WISSENTransfer