Junge Panke
Die russische Revolution richtete sich nicht nur gegen überkommene Eigentums- und Machtverhältnisse. Auch der bisherige Typ Mensch sollte überwunden werden, um einer neuen, höheren Existenzform Platz zu machen - dem "Neuen Menschen". So träumte man etwa vom Beherrschen des Unterbewusstseins, der genetischen Veränderung des Körpers, seiner Verschmelzung mit der Maschine oder vom Aufheben der Grenzen zwischen den Geschlechtern und Individuen.
Thomas Tetzner zeigt, dass es sich bei der Idee vom "Neuen Menschen" um das ursprünglich christliche Motiv einer "korporativen Vergöttlichung" handelte. Demnach konnten "göttliche" Eigenschaften wie Unsterblichkeit oder Schöpferkraft durch den Zusammenschluss zu einer größeren, "allmenschlichen" Einheit erlangt werden. Dabei wird die geistesgeschichtliche Entwicklung jener Idee vom antiken Christentum bis ins Russland des 19. und frühen 20. Jahrhunderts offengelegt.
Erstmals wird so eine zentrale utopische Hoffnung der russischen Revolution ideengeschichtlich entschlüsselt und erklärt.
Referent: Dr. Thomas Tetzner (Autor des gleichnamigen Buches[1])
Moderation: Birgit Ziener