Donnerstag, 27. Oktober 2016, 19:00 bis 21:00, Helle Panke, Kopenhagener Str. 9, 10437 Berlin

Die Idee des Grundeinkommens im Deutschen Idealismus

Der vergessene demokratische Sozialist Johann Adolf Dori (um 1765-1807)

Philosophische Gespräche

Wer war Johann Adolf Dori? Nie gehört? Das ist vielleicht ein Versäumnis. Denn immerhin gilt er als ein früher Begründer des demokratischen Sozialismus aus dem Geist von Deutschem Idealismus und Französischer Revolution. Darüber hinaus trat er für ein bedingungsloses Grundeinkommen als notwendige soziale Voraussetzung für die politische Ökonomie der modernen Arbeitsgesellschaft ein und forderte gegen den Einspruch von Kant und Schiller die Frauenemanzipation. Hinzu kommt, dass er bereits vor Fichte als radikaler Kritiker des liberalen Freihandels hervortrat. "Krieg, Vererbung und Freiheit des Handels sind die ergiebigsten Quellen des unverhältnismäßigen Reichtums und der daraus entstehenden Plagen." TTIP und CETA lassen grüßen. Dennoch, oder vielleicht gerade deshalb ist er von der politischen Ideengeschichte bis heute weitgehend ignoriert worden. Das sind die Fakten, die auf eine interessante Geschichte schließen lassen.
Dori (um 1765–1807) gehörte zu jener Generation von jungen deutschen Philosophen, die durch die Französische Revolution politisiert wurden und sich mit Fichte zunächst dem Studium und bald auch der Kritik der Philosophie Immanuel Kants widmeten. Während aber Schelling, Hegel und Hölderlin ebenso wie die Gebrüder Schlegel und Novalis einen festen Platz in der schulisch vermittelten Erinnerungskultur fanden, blieb Dori, der dem jakobinischen Republikanismus die Treue hielt und mit den frühkommunistischen Ansichten Babeufs sympathisierte, dieses Privileg versagt. Nicht einmal der sonst so zuverlässige Heinrich Heine, der viele von der reaktionären Geistesgeschichte im 19. Jahrhunderts als undeutsch aussortierten Demokraten und Intellektuelle in die Gegenwart rettete, konnte hier weiterhelfen. So liegen die zwischen 1798 und 1805 in kleiner Auflage erschienen Bücher Doris vergessen in den Magazinen einiger weniger Universitätsbibliotheken. Doris Karriere wurde durch seinen frühen Tod vorzeitig beendet. Zeitlebens kam er über eine schlecht bezahlte Dozentenstelle an einer Ritterakademie in Dresden nicht hinauskam. All dies schmälert nicht die Originalität seiner Texte, die durchaus in den großen Literaturzeitungen rezensiert wurden, aber wohl eher indirekt wirkten. Vor allem Hegel, der es mit dem Zitieren nicht immer so genau nahm, steht in Verdacht, sich nicht nur für seine Rechtsphilosophie großzügig bei Dori bedient zu haben. So verweisen Hegels berühmte Überlegungen zum dialektischen Verhältnis von Herr und Knecht direkt auf den von Dori entwickelten Begriff der Arbeit, den dieser aus der kritischen Konfrontation von kantischer Ethik und politischer Ökonomie gewinnt. Die Kritik an der liberalen Eigentums- und Rechtsbegründung Kants führt hierbei zur notwendigen Verschränkung von Rechts- und Sozialstaat, die Fichtes Theorie an Radikalität weit übertrifft und wesentliche Momente von Hegels Staatsbegriff vorwegnimmt. Wie eng Dori Utopie, Geschichte und Vernunft miteinander verschränkt sah, bezeugt folgende Überlegung: "Wie manches nannte einst die Bosheit und Albernheit einen Traum, was jetzt rechtsgemäß verwirklicht ist. Das vernünftige Handeln setzt ein richtiges Denken, das vernünftige Realisieren ein vernünftiges Idealisieren voraus." Dass seine Theorie nicht nur von historischem Wert ist, wird vor allem bei seiner Theorie des Grundeinkommens deutlich, die sich direkt auf die heutige Debatte anwenden lässt.

Referent: Dr. Axel Rüdiger (wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Philosophie der Universität Hildesheim)

Eine Veranstaltung von Helle Panke e.V. in Kooperation mit dem Institut für Sozialtheorie Bochum e.V.

Kosten: 2,00 Euro

Wo?

Helle Panke
Kopenhagener Str. 9
10437 Berlin