Geschichte
Wenn es um Deutschland geht, ist Hannah Arendts gewichtigstes Thema: die deutschen Verbrechen im Zweiten Weltkrieg und wie die Deutschen mit ihrer Schuld umgegangen sind. An drei exemplarischen Deutschen, die verschiedener nicht sein konnten, wird ihrem Problemfeld nachgegangen.
Die deutsche Jüdin (oder jüdische Deutsche) hat seit ihrer Kindheit die Schwierigkeit, sich mit dem Deutschen außer mit der deutschen Philosophie, Sprache und Literatur zu identifizieren, hatte aber das große Glück, bei den beiden bedeutendsten deutschen Philosophen ihrer Zeit zu studieren, von ihnen angenommen und geprägt zu werden. Nach ihrer überstürzten Flucht aus dem Nazi-Deutschland ist sie zwei Jahrzehnte staatenlos und beobachtet im Weltkrieg äußerst kritisch die Verbrechen der SS und der Wehrmacht, die sie mit Recht als Teile des deutschen Volkes wahrnimmt, also keinen Unterschied zwischen Nazi-sein und Deutsch-sein sehen will.
Nach dem Krieg bereist sie sehr intensiv viele deutsche Städte und notiert ihre Erfahrungen, wie in der Bundesrepublik mit den Kriegsverbrechen und den Anfängen der Demokratie umgegangen wird. Neue Einblicke in die Verbrechen und den Ungeist des Nationalsozialismus erhält sie im Jerusalemer Prozeß gegen Adolf Eichmann und durch den Frankfurter Auschwitz-Prozeß 1964/65.
Hannah Arendts äußerst kritisches Deutschlandbild zwingt zum Nachdenken über unsere Vergangenheit und Erscheinungen der jüngsten Zeit.
Referent: Dr. Guntolf Herzberg (Philosoph)
Moderation: Jenny Simon