Internationale Politik
Wirtschaftspolitisch sind sich viele Experten einig, dass die Anleihekäufe der EZB („Quantitative Lockerung“) notwendig waren und sind, um die Eurozone zu stabilisieren, einen Crash des Geldsystems und die Insolvenz von Staaten der Eurozone zu verhindern. Allerdings konnte die Absicht, eine stärkere wirtschaftliche Dynamik in der gesamten Eurozone zu generieren und die Inflationsrate wieder auf knapp unter 2 Prozent anzuheben, nicht oder nur sehr eingeschränkt verwirklicht werden.
In vielen Euroländern folgte auf die Finanzkrise (2007-2009) eine hartnäckige Depression mit extrem hoher Arbeitslosigkeit. Die Coronakrise verschärft dies, die mittel- und langfristigen Folgen könnten gravierend werden und sind bislang kaum abzusehen. QE war im Prinzip also notwendig und richtig, wenn auch unzureichend.
Das deutsche Verfassungsgericht kritisiert die Geldpolitik der EZB aus verfassungsrechtlicher Perspektive. Vordergründig geht um die Frage, ob die EZB mit den zahlreichen Aufkaufprogrammen von Staatsanleihen Wirtschaftspolitik betreibt, was ihr nach den europäischen Verträgen (dem AEUV) nicht gestattet ist, oder ob sie sich noch im Rahmen ihrer Kompetenz der Geldpolitik hält. Im Kern geht es um die Kompetenzgrenzen zwischen EU und den Mitgliedstaaten, wofür das BVerfG nun die Diskussion eröffnet hat.
Was tun, wenn das, was wirtschaftlich notwendig ist, rechtlich vielleicht oder wahrscheinlich unzulässig ist? Die Frage verweist auf Fehlkonstruktionen im Eurosystem.
Zur Vorbereitung wird es eine elektronische Sammelmappe mit wichtigen Artikeln zum Thema, vor allem Texten aus Makroskop, [1]und ein Blatt mit Begriffsdefinitionen zur Geldpolitik geben. Die Materialien können von der Webseite geladen werden.
Ablauf:
1. Überblick über Makroskop-Beiträge seit dem Urteil des Bundesverfassungsreichts am 5.5.2020: Maurizio Villani
2. Anleihekäufe der EZB aus wirtschaftspolitischer Sicht – was läuft falsch beim Euro? Einführung Rainer Land, anschließend Diskussion
3. Das Urteil aus rechtlicher Perspektive: zum Verhältnis von Europa- und nationalem Recht – hat die EU eigene Souveränität? Einführung Ingeborg Schellmann, anschließend Diskussion
Moderation: Douwe Rosenberg
Eine Veranstaltung des Makroskop-Gesprächskreises Berlin[2] und der Hellen Panke.