Konferenz
Sackgasse der Geschichte, vertane Chance, prägende Nachwirkungen bis heute? Stefan Heyms Prophezeiung, dass die DDR nur eine Fußnote der Weltgeschichte sei, ist widerlegt.
Natürlich gehen die Urteile über 41 Jahre DDR in der deutschen Geschichte auseinander. Zum Verständnis der Geschichte, ihren Klassenkämpfen, der Systemauseinandersetzung der letzten 100 oder 50 Jahre ist der andere deutsche Staat offenbar wichtig. Heutige Entwicklungen eines unverändert uneinigen Einheitsdeutschlands, die Wiederkehr eines aggressiven deutschen Vormachtstrebens und der Abbau von Demokratie und Sozialstaatlichkeit haben etwas mit diesen DDR-Jahrzehnten, mit Aufstieg, Stagnation und Untergang des ostdeutschen Staates zu tun. Enttäuschen über das Ende der DDR und das holprige, für viele in ihrer Arbeitswelt, ihr erlebten Gemeinschaft, auch in ihrem Streit in der Zeit der neoliberalen Transformation des "Beitrittsgebiets" hat verbittert, hat letztlich auch jene rechtsextremistischen, auch faschistoiden Bewegungen und Exzesse begünstigt, die nun auch im Westen wieder das Augenmerk auf "die" Ostdeutschen richten lässt.
In unserer Konferenz wollen wir den Platz des anderen Deutschlands genauer bestimmen, danach fragen, warum die DDR nach 1945 überhaupt eine Chance hatte, warum sich viele Bürger und Bürgerinnen mit ihr identifizierten, aber auch warum dieser Staat in der Systemkonkurrenz scheiterte: Als Folge des äußeren Drucks, aus eigener Entwicklungsschwäche und Demokratieverweigerung, dem Unvermögen, sich den neuen Produktivkräften, den Hochtechnologien, den neuen Interessen und Wünschen seiner Bürger zu stellen? Es wird auch die Frage danach sein, wie diese DDR sich den gleichen Aufgaben stellen musste wie der BRD, wo sie erfolgreich war, Vorreiter sein konnte und warum sie schließlich ins Hintertreffen geriet. Und es ist die Frage, ob dieser Versuch des Realsozialismus tatsächlich erledigte Geschichte ist oder ob diese mit ihrem Scheitern, auch ihren Erfolgen und Alltagsproblemen etwas mit einer sozialistischen Perspektive künftighin hin zu tun haben wird.
Begrüßung und Vorstellung durch Anke-Geißler-Grünberg vom Vorstand Helle Panke e.V.
Stefan Bollinger: Ein besseres Deutschland sollte es sein – Die DDR in der deutschen Nationalgeschichte als Anspruch, Realität und Nachwehe
Jürgen Hofmann: Die DDR als Teil der deutschen Nationalgeschichte – (Störfaktor, Vorreiter oder abschreckendes Beispiel?)
Yana Milev: Verordnetes Vergessen und „Dritte Schuld“. Methoden, Wirkungen und Folgen der erinnerungskulturellen Löschung der DDR ab 1990
Simone Barrientos: Die DDR im Deutschen Bundestag – Feindbilder, Einsichten, Ignoranz?
Diskussion (Moderation: Anke Geißler-Grünberg)
Kaffeepause
Die DDR als politische und historiografische Herausforderung einst und jetzt
Mit Peter Brandt; Holger Czitrich-Stahl; Achim Engelberg; Matthias Krauß; Viola Schubert-Lehnert
Moderation: Karlen Vesper (Redakteurin neues deutschland)
Kaffeepause
Judith Dellheim: Was kann und soll heute Beschäftigung mit DDR-Wirtschaftswissenschaft und -politik (der 1960iger Jahre) bringen und was heißt das?
Ulrich van Heyden: Der andere deutsche Staat in der Dritten Welt zwischen Unterstützung von Dekolonialisierung und Befreiungsbewegungen und den Möglichkeiten und Grenzen der DDR
Siegfried Prokop: "Die DDR? Sie war unser Versuch (aus der Geschichte) zu lernen. Sie mußte nicht untergehen" (Gerhard Zwerenz)
Diskussion (Moderation: Anke Geißler-Grünberg)
Stefan Bollinger: Die Geschichte bleibt offen – damals wie heute – Kein Schlusswort
Moderation: Anke Geißler-Grünberg und Karlen Vesper