Politik im Gespräch
Über viele Jahre begann im Frühjahr, in der Zeit rund um die Aktionärsversammlungen, eine Betrugsmasche, durch die der Staat Milliarden an Steuergeld verlor. Diese Finanzkriminalität ist unter dem Schlagwort „Cum-Ex“ bekannt geworden. Bei „Cum-Ex“ und ähnlichen Betrugsmodellen täuschten Gruppen von Finanzjongleuren Aktiengeschäfte vor mit dem Ziel, sich Steuern, die nicht bezahlt wurden, vom Finanzamt erstatten zu lassen. Vermutlich entstand allein in Deutschland zwischen 2000 und 2020 ein Schaden von mindestens 35,9 Milliarden Euro. Steuergeld, mit dem viel gesellschaftlich Sinnvolles hätte gemacht werden können.
Mit dem „Cum-Ex“ Skandal wird die Börsenstadt Frankfurt verbunden, die Hansestadt Hamburg mit ihrer alten Privatbank „Warburg“ und deren Verbindungen in die Hamburger SPD hinein bis zum heutigen Bundeskanzler, oder das Rheinland mit ihrer für Wirtschaftsstraftaten zuständigen Staatsanwältin.
Dabei war der erste einzelne bekannt gewordene Profiteur der "Cum-Ex" Masche ein Privatmann aus Berlin. Es begann im Jahr 2006: Der damals über siebzigjährige Berliner Milliardär Raphael Roth hatte hunderte Millionen Euro aus seinem Vermögen zur Verfügung gestellt, um Aktien zu kaufen, das Geld nach ein paar Tagen wiederbekommen und sich die millionenschwere Beute aus Steuergeldern mit wichtigen Protagonisten der „Cum-Ex“-Industrie geteilt. Spätere Ermittlungen gegen ihn wurden nach seinem Tod eingestellt.
Fast zehn Jahre beschäftigt sich mittlerweile der Journalist Oliver Schröm mit „Cum-Ex“ und mit den Akteuren, die in den Skandal involviert sind. Er publizierte hierzu in großen Zeitungen sowie im Fernsehen. Für seine Enthüllungen zu „Cum-Ex“ erhielt er mehrere Auszeichnungen, zuletzt den Deutschen Journalistenpreis 2021. Sein Buch „Die Cum-Ex-Files“[1] ist ein Bestseller.
Prof. Dr. Lena Kreck (Die Linke) ist zurzeit Senatorin für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung. Sie ist politisch dafür verantwortlich, dass Wirtschaftskriminalität verfolgt wird. Im neuen Berliner Koalitionsvertrag findet sich ein ganzer Absatz zum Umgang mit dieser besonderen Form der Wirtschaftskriminalität.
Mit beiden wollen wir am Abend des 12. Mai in der Hellen Panke über Cum-Ex und ähnliche Finanzstraftaten sprechen und diskutieren, wie der politische, juristische und gesellschaftliche Umgang mit dieser Schlips- und Nadelstreifen-Kriminalität aussehen sollte.