Philosophische Gespräche
Der Philosoph Maurice Merleau-Ponty ist in erster Linie für seine Reflexionen über die Wahrnehmung, das Sehen und die Leiblichkeit bekannt. Tatsächlich lassen sich diese philosophischen Begriffe aber nur als Teil einer philosophischen Politik verstehen. Mit dieser Politik der Wahrnehmung beansprucht Merleau-Ponty nicht nur, dem Geist von Marx die Treue zu halten: Sie stellt auch den institutionalisierten marxistischen Lehren einen radikal undogmatischen, "fleischlichen" Marxismus entgegen, der von der Leiblichkeit und einer nie vollständig durchsichtigen Verflochtenheit in die Natur und die Geschichte ausgeht. Dieser politische Merleau-Ponty, der weitgehend in Vergessenheit geraten ist, leistet einen wichtigen Beitrag zu den philosophischen Fragen, mit denen sich jede kritisch-marxistische Tradition im 21. Jahrhundert konfrontiert sieht.
Oliver Precht arbeitet als Philosoph und Literaturwissenschaftler am Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung, wo er ein Forschungsprojekt zum Thema »Marx in Frankreich: Die Selbstbestimmung der französischen Theorie (1945–95)« verfolgt. Er ist Mitherausgeber der Buchreihe Neue Subjektile im Verlag Turia+Kant und arbeitet gelegentlich als Übersetzer und Herausgeber philosophischer, literarischer und politischer Schriften, vor allem aus dem Brasilianischen und Französischen. Zu seinen letzten Veröffentlichungen zählen Der rote Faden. Maurice Merleau-Ponty und die Politik der Wahrnehmung[1] (August Verlag, Berlin 2023); Heidegger. Zur Selbst- und Fremdbestimmung seiner Philosophie[2] (Meiner, Hamburg 2020).
Moderation: Dr. Frank Engster