Philosophische Gespräche
Bereits kurze Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg konnte Bruno Bettelheim, später ein berühmter Psychologe und Pädagoge, einen Erfahrungsbericht aus dem KZ vorlegen, welcher gleichzeitig eine sozialpsychologische Deutung seiner Erfahrungen und v.a. des Verhaltens seiner Mitgefangenen war. Diese Analysen sollten Bettelheim auch zu Erkenntnissen über das Schicksal des Individuums im so genannten 'Massenstaat' dienen. Seine Perspektive auf KZ-Überlebende im Besonderen und den modernen Staat im Allgemeinen fand große Verbreitung – ist aber umstritten, zumindest im angloamerikanischen Raum, wo in den 1970ern eine hitzige Debatte v.a. zwischen Bettelheim und Terrence Des Pres stattfand. Bettelheims Thesen können zu weiten Teilen widerlegt werden – welche Konsequenzen aber ergeben sich daraus dann für seinen Blick auf KZ-Insassen und Holocaust einerseits und auf das moderne Individuum und den modernen Staat andererseits?
Fabian Kettner, studierte Philosophie, Geschichte und Soziologie, ist freier Referent und Publizist, ist Mitglied im Arbeitskreis Rote Ruhr-Uni (www.rote-ruhr-uni.com[1]) und promoviert gegenwärtig zum Thema 'Holocaust & Moderne'.