Donnerstag, 26. Oktober 2017, 19:00 bis Sonntag, 29. Oktober 2017, 17:00, Rosa-Luxemburg-Stiftung, Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin

Der Begriff der Arbeit in Karl Marx' "Kapital"

10. Marx-Herbstschule

Dieses Jahr lesen wir in unserer 10. Marx-Herbstschule Auszüge aus dem 1. Band von Marx' Kapital. Das Buch feiert 2017 seinen 150. Geburtstag. Im kommenden Jahr folgt dann auch der 200. Geburtstag von Marx selbst. Wir konzentrieren uns bei der Lektüre diesmal auf den Begriff, der wie kein anderer sowohl Marx' Kapital als auch die Geschichte des Marxismus beherrscht: Arbeit.
Der Arbeitsbegriff zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Entwicklung des ersten Bandes, ausgehend vom "Doppelcharakter" der Arbeit, dem "Springpunkt, um den sich das Verständnis der politischen Ökonomie dreht", über die kapitalistische Anwendung, Verwertung und Ausbeutung der Arbeitskraft und ihre Kämpfe bis hin zum historischen Ursprung der kapitalistischen Lohnarbeit durch die sog. "Ursprüngliche Akkumulation".
Die Arbeitsgruppen diskutieren Passagen zum Arbeitsbegriff aus dem Kapital gemeinsam in textnaher Lektüre. Während dreier großer Abendveranstaltungen möchten wir dann mit vielen internationalen Gästen die neuen Kapital-Lektüren der 1960er Jahre, aber auch die Kritiken, die ab den 70er Jahren am Kapital, an Marx und am Marxismus geübt wurden, betrachten.
Der Bezug auf die Arbeit hat zunächst die Geschichte des klassischen Marxismus beherrscht: in Gestalt der großen sozialdemokratischen, sozialistischen und kommunistischen Massenparteien und -organisationen, in Form der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegungen, aber auch in der Gestalt der sozialistischen Arbeiterstaaten. Sie alle formulierten in Theorie wie Praxis eine Politik buchstäblich im Namen der Arbeit.
Allerdings gab es auch eine eher untergründige Strömung, die sich vor allem auf Marx‘ Kritik der Arbeit und die Abschaffung und Überwindung der kapitalistischen Lohnarbeit und der Klasse berief. Diese kritische Bestimmung der Arbeit wurde vor allem im Zuge der neuen Kapital-Aneignungen um 1968 wirksam. Allerdings richtete sich die Kritik auch auf das Kapital selbst: Marx habe sich zu stark auf das Industrieproletariat und die Produktion fixiert und die Bedeutung der Bereiche der gesellschaftlichen Reproduktion – Alltagskultur, Ideologie, Geschlechterverhältnisse etc. – zu wenig berücksichtigt.
Die Abendveranstaltungen sind daher zunächst den neuen Kapital-Lektüren gewidmet, dann den Kritiken und schließlich der Bedeutung der Reproduktion und dem Zusammenhang von biologischer Reproduktion und ökonomischer Krise.
Am Sonntag beschäftigen wir uns schließlich mit der Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte des Kapitals und dem aktuellen Stand der internationalen Marx-Forschung.

Programm:

Donnerstag, 26.10., 19 Uhr, Kunstquartier Bethanien, Mariannenplatz 2, 10243 Berlin
Die neuen Kapital-Lesarten im Zuge von 1968
Mit: Prof. Frieder Otto Wolf und Prof. Sergio Bologna

Freitag, 27.10., 13.30 Rosa-Luxemburg-Stiftung, Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin
13.30 Uhr Anmeldung
14.00 Uhr Einführung mit Christian Frings, Renate Mohl und Dr. Nadja Rakowitz
15.30 Uhr Pause
16.00 Uhr Workshop-Phase I

Freitag, 27.10., 19 Uhr, Kunstquartier Bethanien, Mariannenplatz 2, 10997 Berlin
Cultural Studies, Feminismus und Postcolonial-Studies: Kritiken am Marxismus
Mit: Prof. María Do Mar Castro Varela, Prof. Nikita Dhawan, Prof. Angela McRobbie
Sprache: Deutsch und Englisch mit Simultanübersetzung

Freitag, 27.10., ab 23.59 Uhr: kapitale Party im ://aboutblank

Samstag, 28.10., Rosa-Luxemburg-Stiftung, Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin
10.00 Uhr Workshop-Phase II
12.30 Uhr Mittagspause
14.00 Uhr Workshop-Phase III

Samstag, 28.10., 19 Uhr, Kunstquartier Bethanien, Mariannenplatz 2, 10997 Berlin
Melinda Cooper: Family Values
Mit: Prof. Melinda Cooper // Moderation: Felicita Reuschling

Familie ist im Neoliberalismus auch in industriellen Gesellschaften wieder zu einer nahezu alternativlosen emotionalen, ökonomischen und gesellschaftlichen Struktur geworden. Angesichts der zunehmenden staatlichen Kürzungen von Gesundheits-, Bildungs- und Sozialbudgets erscheint Familie als universeller Ersatz zum Wohlfahrtsstaat des 20. Jahrhunderts.
Melinda Cooper analysiert am Beispiel der USA, wie Familienwerte entscheidend für die konservative und liberale Marktrevolution der 1980er Jahre wurden und warum sie auch heute das politische Leben so stark beeinflussen. Warum sind sich neoliberale Demokraten so oft mit sozialkonservativen Republikanern in der Familienfrage einig – trotz ihrer Unterschiede zu allen anderen Fragen?
Melinda Cooper formuliert damit gleichzeitig das Verhältnis von Akkumulationsregimen und Reproduktionsverhältnissen neu. Nicht zuletzt stellt sie die neoliberale Idee des atomisierten Individuums in Frage und verweist demgegenüber auf das Verschwinden sozialer Mobilität und der Widerkehr von Schuldknechtschaft, Erbschaft und familiären Netzwerken.
Der Neoliberalismus, so argumentiert sie, muss als Versuch verstanden werden, das elisabethanische Armengesetz in der zeitgenössischen Sprache der Verschuldung der Haushalte wiederzubeleben und zu erweitern.
In der Geschichte der amerikanischen Armengesetzgebung vollzieht Cooper nach, wie das liberale Ethos der persönlichen Verantwortung immer mit einem umfassenderen Imperativ der familiären Verantwortung verknüpft war, und wie dieser insbesondere gegenüber african americans, aber auch alleinerziehenden Müttern als Ausschluss von Leistungen geltend gemacht wurde. Nur wenn wir die Frage der Familie in eine Kritik der politischen Ökonomie einbeziehen, können wir die zentrale politische Allianz unserer Zeit zwischen Liberalismus und Sozialkonservatismus verstehen.

Sonntag, 29.10., Rosa-Luxemburg-Stiftung, Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin
Das Kapital. Zur Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte. Internationale Konferenz
Mit: Prof. Rolf Hecker, Prof. Thomas Kuczynski, Dr. Roberto Fineschi, Prof. Michael Krätke, Paula Rauhala, Dr. Ludmilla Vasina


Die Veranstaltung ist eine Kooperation von Helle Panke mit der Gruppe Theorie.Organisation.Praxis[1], dem ...ums Ganze!-Bündnis[2], der Rosa-Luxemburg-Stiftung[3], und dem Berliner Verein zur Förderung der MEGA-Edition[4].

Zur Anmeldung, zum Programm und zum Reader gehts hier:
www.marxherbstschule.net

Im Vorfeld hatte die Tageszeitung Neues Deutschland anlässlich des 10. Geburtstag der Marx-Herbst-Schule diesen Artikel verfasst[5].

Links:

  1. http://top-berlin.net/
  2. https://umsganze.org/
  3. https://www.rosalux.de/
  4. http://marxforschung.de/
  5. https://www.neues-deutschland.de/artikel/1067960.viel-arbeit-mit-dem-marx.html
Kosten: 10,00 Euro für die Marxherbstschule // 2,00 Euro für die Abendveranstaltungen // 10,00 Euro für die Int. Konferenz am Sonntag

Wo?

Rosa-Luxemburg-Stiftung
Franz-Mehring-Platz 1
10243 Berlin