Von: Willy Müller/ Dagmar Semmelmann
Heft 7, 55 Seiten, 4,00 Euro plus Versand
Inhalt
Jochen Czerny (1934-2018):
Vorwort
Auszug aus der Projekt-Konzeption von Juni 1990
Willy Müller:
Die Situation der Bauarbeiter in der Stalinallee und der Verlauf der Berliner Demonstrationen vom 16. und 17. Juni 1953 in Berichten gewerkschaftlicher Beobachter
1. Vorbemerkungen
2. Quellenbeschreibungen
3. Die Berichte von der Baustelle Stalinallee
3.1. Der "Situationsbericht über den Gegenwärtigen Stand der Gewerkschaftsarbeit auf den Baustellen der Stalinallee" vom 5. Mai
3.2. Der Bericht "Bauarbeiter Stalinallee" vom 17. Juni
3.3. Die Situationsberichte vom 17. Juni
3.4. Auszüge aus den Situationsberichten vom 18. bis zum 23. Juni
3.5. Der Bericht der Instrukteurbrigade vom 3. Juli
4. Abschließende Bemerkung
Dagmar Semmelmann: Zeitzeugen über ihren 17. Juni 1953 in Berlin. Eine "Nachwende"-Gesprächsgruppe vergewissert sich eines markanten Ereignisses der DDR-Geschichte
1. Vorbemerkungen
2. Erinnerungen an den Aufbruch der Bauarbeiter am 15. und 16. Juni 1953
3. Erlebnisse und Beobachtungen am 17. Juni
4. Fortsetzung des Gesprächs über den 17. Juni
4.1. Erinnerungen an die Ankunft der Henningsdorfer und das Eingreifen der Sowjetischen Besatzungsmacht
4.2. Diskussion über die Rolle der Gewalt und den Stellenwert der politischen Intentionen des Juni-Protests
Semmelmann, Dagmar (geb. 4.1.1943) Dr. phil., Historikerin, Mitarbeiterin am Zentralinstitut für Geschichte der Akademie der Wissenschaften der Deutschen Demokratischen Republik.
Nachruf auf Jochen Czerny (1934-2018)
Von: Dr. Stefan Bollinger
In meinem Bücherregal steht in Sichtweite immer noch eine kleine, aber gewichtige Broschüre: "Brüche, Krisen, Wendepunkte. Neubefragung von DDR-Geschichte". Sie versammelt Beiträge, die im Rahmen eines Kolloquiums um die Jahreswende 1989/90 entstanden. Veranstalter waren die Institute für Geschichte, Wirtschaftsgesichte und Literatururgeschichte der Akademie der Wissenschaften der DDR.
Die treibende Kraft, der Organisator, der Vermittler und schließlich der Lektor war Jochen Czerny. Ihn lernte ich damals als den klugen, ausdauernden, beharrlichen und bescheidenen Wissenschaftler kennen und schätzen, der das tat, was damals getan werden musste: Jahre und Jahrzehnte gelebten Lebens, praktizierter Forschung und Lehre, ein Stück eigener wie Nationalgeschichte kritisch zu befragen, sich zu korrigieren, die eigenen Schubladen zu durchstöbern, die Archive neu zu entdecken und das Gewohnte, was nun scheiterte, neu zu befragen.
Jochen Czerny verstarb dieser Tage, er wird mit seinen Ideen, seinen Fragen und Anregungen uns nicht mehr beiseite stehen können.
Für die "Helle Panke", Mitglied fast von Anbeginn, war er in den ersten Jahren und so lange es seine Gesundheit zuließ, immer ein gern gesehener Referent, Autor und vor allem Ideengeber. Wichtige Arbeit leistete er beim Aufbau der Historischen Kommission beim Vorstand der uns nahestehenden Partei, bei der Suche nach neuen Antworten auf alte Fragen, bei der Rehabilitierung zu Unrecht Beschuldigter aus den Zeiten des Stalinismus, aber eben auch beim Festhalten an einem Sozialismus, der nur ein demokratischer oder keiner sein konnte.
Jochen Czerny hat viele Felder der deutschen Nachkriegs- und DDR-Geschichte kenntnisreich und detailgenau bearbeitet. Er gab das biographische Lexikon "DDR - Wer war wer" heraus, das später andere fortführten. Er forschte und veröffentlichte zum 17. Juni 1953, zu den Auseinandersetzungen des Jahres 1956 in der SED, zum Kulturplenum 1965. Wichtig sind bis heute seine Arbeiten zu den halbstaatlichen Betrieben in der DDR zu Zeiten der Neuen Ökonomischen Politik, Musterbeispiele für die Erfolgschancen einer gemischten Wirtschaft unter sozialistischen Vorzeichen. Viel Kraft und Herzblut investierte Jochen Czerny in ein anderes Schlüsselthema für einen demokratischen Sozialismus: In das Schicksal der Republik Schwarzenberg, jenen unbesetzten Zipfel an der Frontlinie sowjetischer und US-amerikanischer Truppen. Hier ergab sich eine kurze, aber Ereignis- und erfahrungsreiche Zeit einer antifaschistischen eigenständigen, demokratischen, prosozialistischen Umgestaltung aus eigener Kraft. Eine Anregung, die bis heute gilt, wo aus Utopien reale Veränderung erwächst.
Jochen Czerny wird uns fehlen. Wir sind ihm zu Dank verpflichtet und sollten auch heute noch bei ihm über unsere Geschichte mit ihren Mängeln und vor allem Chancen nachlesen.
Berlin, 14. Mai 2018