Von: Nadja Charaby
Reihe "Pankower Vorträge", Heft 177, 2013, 48 S,, A 5, Preis 3 Euro plus Versand
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Die Publikation enthält einen Beitrag von Nadja Charaby, dem ihr Vortrag, gehalten am 26. September 2012 im Verein „Helle Panke e.V., zugrunde liegt, sowie Auszüge aus einer Reportage von 1969 (Bevor der Morgen graut – Vietnam zwischen Krieg und Sieg) von Kurt und Jeanne Stern, die 1966 und 1968 zu zwei längeren Aufenthalten in Vietnam weilten.
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AutorInnen: Nadja Charaby (geb. 1977)
Studium der Südostasien-Studien (Schwerpunkt Festland Südostasien, vor allem Vietnam) und Bibliothekswissenschaft an der Humboldt-Universität Berlin sowie Soziologie an der Freien Universität Berlin, Leiterin des Regionalbüros der Rosa-Luxemburg-Stiftung: Gesellschaftsanalyse und politische Bildung e.V. in Hanoi (Vietnam)
Kurt Stern (1907–1989) und Jeanne Stern (1908–1998)
Schriftstellerehepaar
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Inhalt
Vorbemerkungen von Klaus Steinitz
Nadja Charaby
Vietnam im Übergang zur Marktwirtschaft mit sozialistischer Orientierung
Fortschritte und ungelöste Probleme nach 25 Jahren
Vorbemerkung
1. Einleitung
2. Staatsunternehmen – wirtschaftliche und politische Herausforderungen
2.1 Das vietnamesische Wachstumsmodell
2.2 Probleme der Staatsunternehmen
2.3 Kritik an der Politik des Premierministers und seiner Regierung –
oder doch nur politischer Machtkampf?
2.4 Kritik an geplanten Reformplänen
3. Außenhandel und ausländische Investitionen, Inflation und Banken – weitere wirtschaftspolitische Probleme
3.1 Außenhandel und Investitionen
3.2 Inflation und Banken
3.3 Neue ökonomische Strategien – grünes Wachstum als Ausweg?
4. Fragen sozialer Gerechtigkeit
4.1 Spannungen am Arbeitsmarkt
4.2 Landrechte – eine der brisantesten sozialen Fragen
5. Die Spannungen im Südchinesischen Meer, anti-chinesische Proteste und eine herausgeforderte Führung
5.1 Konflikt und Proteste
5.2 Dilemma in den Beziehungen zu China
6. Verfassungsreform
Schlussbetrachtung
Literatur
Kurt und Jeanne Stern
Bevor der Morgen graut – Vietnam zwischen Krieg und Sieg
(Verlag Neues Leben, Berlin 1969 – Auszüge aus dem Buch)
Das schlimme Jahr
Steiler Aufstieg – Neues Kopfzerbrechen
Wie geht es weiter?
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LESEPROBE
Vorbemerkungen
Vietnam gehört zweifellos zu den Ländern dieser Erde, die seit Ende des II. Weltkrieges immer wieder im Zentrum der internationalen Aufmerksamkeit und vor allem der internationalen Solidarität standen. 1945 wurden die japanischen Besatzer vertrieben, 1954 siegte Vietnam im Befreiungskampf gegen die französischen Kolonialherrschaft und 1975 bereitete es den US-amerikanischen Aggressoren eine Niederlage. Das nächste Ziel war die Gründung eines neuen, wiedervereinigten und unabhängigen vietnamesischen Staates, dessen Politik von den Interessen des Volkes ausgeht.
Seit dem historischen Sieg 1975 sind nunmehr fast 40 Jahre vergangen, in denen die vom Krieg zerstörte Wirtschaft und Infrastruktur wiederhergestellt, die Schäden in anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens überwunden und der lange, mühsame Weg zu einer leistungsfähigen, modernen Wirtschaft beschritten wurden.
In dem Beitrag „Vietnam im Übergang zur Marktwirtschaft mit sozialistischer Orientierung. Fortschritte und ungelöste Probleme nach 25 Jahren“ von Nadja Charaby, der Leiterin des Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Hanoi, werden vor allem die ökonomische Entwicklung der Sozialistischen Republik Vietnam, die vielfältigen Schwierigkeiten und sehr komplexen Probleme, die dabei aufgetreten sind, behandelt. Kenntnisreich stellt die Autorin auch neue Herausforderungen dar und bietet Überlegungen zu deren Lösung an. Ausgangspunkt ist der Einschnitt durch den Beginn des vietnamesischen Reformprozesses „Doi Moi“ (Erneuerung) im Jahre 1986, der auf den Übergang zu einer Marktwirtschaft mit sozialistischer Orientierung gerichtet war.
Es ist interessant, die reale Entwicklung der jüngsten Zeit mit den Erwartungen und Hoffnungen der Vietnamesinnen und Vietnamesen, einfacher Leute wie auch der Führungskräfte der Kommunistischen Partei und des Staates, in den letzten Kriegsjahren zu vergleichen, als der Sieg zwar schon absehbar war, aber noch erbitterte, verlustreiche Kämpfe mit der stärksten Militärmacht der Welt bevorstanden. Wir haben deshalb den Beitrag von N. Charaby durch Auszüge aus der letzten Vietnamreportage von Kurt und Jeanne Stern ergänzt, die 1966 und 1968 zu zwei längeren Aufenthalten in Vietnam weilten. Sie dokumentierten die Ergebnisse ihrer Reisen in zwei packenden und informativen Büchern – Reisfelder – Schlachtfelder (1967) und Bevor der Morgen graut – Vietnam zwischen Krieg und Sieg (1969). Die Auszüge aus dem zweiten Buch vermitteln Einblicke in die damalige Zeit, besonders auch in das Denken und Handeln der Menschen während der Kriegszeiten sowie, in Verbindung mit der Analyse von Charaby, in das widersprüchliche Spannungsverhältnis zwischen dem Bewusstsein und den Erwartungen der Menschen damals und den tatsächlichen Verhältnissen heute. Hierfür wurden drei Fragen ausgewählt:
Wie gelang es die strategischen Ziele des Aggressors im entscheidenden Jahr 1967 zu durchkreuzen?
Welche Schritte wurden schon zu Kriegszeiten für eine umfassende Hochschulausbildung unternommen?
Wie verhalten sich die sehr optimistischen Vorstellungen und Pläne für die Gestaltung eines guten Lebens nach dem Sieg, nicht nur in den Städten, sondern auch auf dem Land, zur realen Entwicklung bis heute?
Gerade in der Rückschau wird deutlich, dass die Lösung der grundlegenden Aufgaben für die Herausbildung einer modernen, leistungsfähigen Wirtschaft und für ein Leben in Wohlstand für alle Menschen weit widersprüchlicher verläuft und auch längere Zeiträume erfordert, als damals gehofft und auch erwartet wurde.
Klaus Steinitz