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Heft 15: Sohn-Rethel und das Problem einer Einheit von Gesellschafts- und Erkenntniskritik

Von: Frank Engster

Heft 15: Sohn-Rethel und das Problem einer Einheit von Gesellschafts- und Erkenntniskritik

Reihe "Philosophische Gespräche", Heft 15, 2009, 50 S., 3 Euro plus Versand

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Reihe "Philosophische Gespräche", Heft 15, 2009, 50 S., 3 Euro plus Versand

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LESEPROBE

Person und Werk:

Sohn-Rethel ist seit vielen Jahren in der Versenkung verschwunden. Er hatte überhaupt nur für eine kurze Phase ein breiteres Interesse gefunden, nämlich im Zuge der Studentenbewegung Anfang der 70er Jahre. Damals erschien auch sein Hauptwerk Geistige und körperliche Arbeit. Sohn-Rethel war damals bereits 71 Jahre alt.

Wer war Sohn-Rethel?

Sohn-Rethel wurde 1899 in Paris geboren, studierte in Heidelberg und Berlin Nationalökonomie und Philosophie und promovierte in Nationalökonomie mit einer Kritik der Grenznutzenlehre. Er war bereits während seiner Studienzeit in einem sozialistischen Studentenbund aktiv und blieb zeit seines Lebens Marxist. In den zwanziger Jahren stand er in Kontakt mit Adorno, Benjamin, Bloch, Kracauer und anderen aus dem Umfeld der Kritischen Theorie, insbesondere in Positano und auf Capri (Süditalien), wo sich all die Genannten in den 20er Jahren regelmäßig und z.T. für längere Zeit aufhielten. Von 1931 bis 1936 kam Sohn-Rethel mit Hilfe seines Ziehvaters Ernst Poensgen beim Mitteleuropäischen Wirtschaftstag in Berlin unter, wo er in einer der ersten Adressen der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik eine eigenständige Faschismustheorie entwickelte, basierend auf einer Theorie der ökonomischen Krisenstruktur des Spätkapitalismus. 1936 wurde es allerdings auch für ihn zu gefährlich, immerhin war er seit Anfang der 30er Jahre bis zum Exil in drei verschiedenen Widerstandsgruppen aktiv. So ging auch er, wenn auch später als die meisten anderen aus dem Umfeld der Kritischen Theorie, ins Exil, zunächst nach Luzern, dann nach Paris und schließlich nach London, wo er bis 1969 lebte. In Luzern und Paris schrieb er jeweils ein Exposé, mit denen er Eingang in das von der Kritischen Theorie geführte Institut für Sozialforschung erhoffte – allerdings vergeblich. In England hatte Sohn-Rethel dafür engen Kontakt mit dem berühmten marxistischen Altphilologen und Historiker George Thompson, der ihm u.a. einen Gastvortrag 1961 in der DDR vermittelte. Bereits ab 1951 schrieb Sohn-Rethel an seinem Hauptwerk, Geistige und körperliche Arbeit, das allerdings erst 1970 in der Bundesrepublik erschien. In der Folge erhielt er Einladungen von verschiedenen Universitäten und 1972 schließlich, auf Fürsprache von Oskar Negt, eine Gastprofessur in Bremen, ab 1978 sogar eine ordentliche Professur. Alfred Sohn-Rethel lebte bis zu seinem Tod 1990 in Bremen.

Vereinfacht gesagt, nimmt Sohn-Rethel eine Art Mittelstellung ein zwischen dem traditionellen Marxismus, der unter Marx’ Ökonomiekritik eine wissenschaftliche und revolutionäre Theorie verstand, und der Kritischen Theorie, die im Gegensatz dazu eine negativ-zurückhaltende und ideologiekritisch ausgerichtete Kritik mit Marx initiierte.

Weder dem traditionellen Marxismus, noch dem engeren Kreis der Kritischen Theorie, noch dem akademischen Wissenschaftsbetrieb wirklich zugehörig, entsprach Sohn-Rethels persönliches Außenseiterdasein zudem der geringen Beachtung, die seine Marx-Interpretation gefunden hat, obwohl sie bereits in den 30er Jahren inspirierend auf Adorno und Benjamin gewirkt hat, und dann noch einmal, 30 Jahre danach, auf die Studentenbewegung.

  • Preis: 4.00 €