Von: Alexander Bolz / Jörgpeter Lund / Wilfried Poßner
Reihe "hefte zur ddr-geschichte", Heft 116, 2009, 68 S., A5, 3 Euro plus Versand
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Reihe "hefte zur ddr-geschichte", Heft 116, 2009, 68 S., A5, 4 Euro plus Versand
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INHALT
1. Spontane Bildung von Kindergruppen und der Beginn ihrer
politischen Organisiertheit 1945 bis 1947
2. Probleme bei der Entwicklung des Pionierverbandes zur sozialistischen Massenorganisation der Kinder der DDR (1948–1957) 2.1. Die Gründung der Pionierorganisation am 13.12.1948
2.2. Die Pioniergruppe – Die Grundeinheit der Organisation
2.3. Die Arbeit mit dem Pionieraktiv
2.4. Einige inhaltliche Bereiche der Pionierarbeit
2.5. Die Sommerferiengestaltung
2.6. Außerschulische Einrichtungen und Pionierarbeit
2.7. Mitte der 50er Jahre erfolgt eine tatkräftige Unterstützung der SED für die Schulen, den Jugendverband sowie für Pionierleiter zur Verbesserung ihrer Arbeit
2.8. Die Umbenennung der Kindervereinigung der FDJ – „Junge Pioniere“ in sozialistische Kinderorganisation der DDR
3. Ausgewählte theoretisch-pädagogische Positionen zur Tätigkeit
der Kinderorganisation der DDR
3.1. Ausgangssituationen für die Theorieentwicklung in der Organisation
3.2. Die Erziehungsarbeit in der Kinderorganisation am Beispiel der Praxis der Kollektiverziehung in Schulklassen
3.3. Theoretische Positionen zur pädagogischen Führung der Pionierorganisation
4. Zur Stellung der Pionierorganisation „Ernst Thälmann“ in der Gesellschaft am Ende der 80er Jahre
Die Autoren haben mit dieser Schrift begonnen, die Probleme der Entwicklung einer Kinderorganisation in der DDR mit Sach- und Insiderkenntnis aufzuarbeiten. Ihnen war bewusst, dass eine umfassendere Darlegung der Geschichte der Pionierorganisation in der DDR nötig ist, wozu noch gründlichere Untersuchungen erfolgen müssen.
Den Autoren geht es vorrangig um historische (Bolz), um theoretisch-pädagogische (Lund) sowie jugendpolitische Aspekte (Poßner) der Entwicklung der Pionierorganisation. Sie haben versucht, notwendige Erkenntnisse aus der geschichtlichen Entwicklung der Kinderorganisation der DDR sowie Schlussfolgerungen daraus abzuleiten, wozu sie ihre Erkenntnisse hierzu vorlegen.
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LESEPROBE
1. Spontane Bildung von Kindergruppen und der Beginn ihrer politischen Organisiertheit 1945 bis 1947
Die Niederschlagung des faschistischen Deutschlands im Jahre 1945 und die nachfolgende Zerschlagung des faschistischen Terrorsystems eröffneten den Weg für den Aufbau eines demokratischen Deutschlands und schufen die Möglichkeit, ein neues Leben für alle Menschen in Frieden und bei friedlicher Arbeit zu beginnen. Auf dem Boden der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands erfolgten in den ersten Jahren nach dem Sieg der Alliierten über Hitlerdeutschland eine Reihe von Reformen, die von den antifaschistisch-demokratisch ausgerichteten Parteien unter Einschluss der sich bildenden Massenorganisationen mutig ins Werk gesetzt wurden, und das waren z.B. die Bildung von Zentral- und Landesverwaltungen, demokratisch gewählte Stadt- und Gemeindeparlamente, die demokratische Boden- und Schulreform oder die Enteignung von aktiven Faschisten und Nazi-Kriegsverbrechern.
Die Bildung von ersten Kindergruppen auf dem Territorium der Sowjetischen Besatzungszone vollzog sich unter den Bedingungen eines harten Ringens um den Aufbau und die Neugestaltung einer antifaschistisch-demokratischen Ordnung. Das war oft recht schwierig, verlief meist spontan, oft auch zögerlich und ist vor allem aus den Großstädten Berlin, Leipzig, Dresden und Gera sowie aus den größeren Städten des Erz-gebirges bekannt. Diese Tätigkeit war zumeist der Initiative einzelner Personen zu verdanken, die von ganz unterschiedlichen demokratischen Kräften getragen war, die in den jeweiligen Orten den politischen Ton angaben. Zu ihnen gehörten Vertreter der KPD und der SPD, der Bündischen Jugend, Neulehrer, einzelne engagierte Mütter oder Väter und auch Vertreter der Kirchen sowie der „Volkssolidarität“. Sie alle bemühten sich, den Kindern zu helfen, die Kriegs- und Nachkriegserlebnisse zu verarbeiten und sie von den Gefahr bringenden Einflüssen der Nachkriegssituation fernzuhalten (z.B. Spiel in den Ruinen).[1]
Die Nachkriegskindheit war geprägt von Lebensmittelknappheit (Hunger), von einem zähen Ringen der Eltern oder eines Elternteils allein um die notdürftigsten Dinge des Lebens, vom sparsamen Umgang mit Brennstoffen sowie mit Kleidung, auch von der Angst um das Überleben und vielem anderen mehr. Dadurch war es oft schwierig, an Kinder überhaupt heranzukommen.
Die Tätigkeit in den ersten Kindergemeinschaften hatte kein klares Konzept und war an die örtlichen Gegebenheiten gebunden. Sie war zumeist mit den Traditionen sowie den Methoden der Erziehungsarbeit in den bündischen, sozialdemokratischen oder kommunistischen Kinderorganisationen der Weimarer Republik verknüpft. Als Ende 1945/ Anfang 1946 die ersten Kindergruppen bei den antifaschistischen Jugendausschüssen gebildet wurden, bürgerte sich der Name „Kinderland“ ein, der wahrscheinlich dem Wortschatz der sozialdemokratischen Kinderbewegung vor 1933 entnommen war, wo es ein Jahrbuch „Kinderland“ gab. Diese als Kinderland bezeichnete Bewegung orientierte sich auf betreuende und auf Freizeit orientierte Aufgaben, vor allem darauf, bei der Überwindung der Nöte und Gefahren der Nachkriegszeit zu helfen. Ihr unmittelbares Tätigkeitsfeld sahen die Helfer darin, für die Kinder der berufstätigen Mütter zu sorgen, sie zu beaufsichtigen, mit ihnen bei Spiel und nützlicher Arbeit die Freizeit sinnvoll zu gestalten. Die zumeist vereinzelt bestehenden Kindergruppen hatten auch keine einheitliche Bezeichnung und auch keine zentrale Leitung. Sie arbeiteten losgelöst voneinander und waren politisch nicht organisiert.
Nach der Unterzeichnung des Potsdamer Abkommens am 2.08.1945 (siehe vor allem Abschnitt III: Deutschland)[2] konnten antifaschistisch-demokratisch orientierte Organisationen in ganz Deutschland zugelassen werden, und zwar unter Respektierung der Gesetze und Direktiven des Alliierten Kontrollrates.
Die Sowjetische Militärverwaltung in Deutschland hatte in einer Verlautbarung vom 31. Juli 1945 die Schaffung von antifaschistischen Jugendkomitees bei den Bürgermeistereien der großen und mittleren Städte gestattet; gleichzeitig blieben aber gewerkschaftliche, sozialistische und ähnliche gemeinschaftliche Jugendorganisationen verboten, so dass die Arbeit in den lose existierenden Kindergemeinschaften den Jugendkomitees übertragen wurde, denn ansonsten hätten sie illegal existiert.[3] Die Tätigkeit der Kindergruppen vollzog sich zeitlich parallel mit der Bildung von Antifa-Jugend-ausschüssen, manchmal auch in Verbindung mit ihnen.
Diese Entwicklung stand in völliger Übereinstimmung mit dem Gesetz Nr. 2 des Alliierten Kontrollrates vom 10.10.1945 zur Anordnung und Liquidierung aller faschistischen Organisationen und Einrichtungen sowie mit der Direktive 23 des Alliierten Kontrollrates vom 12.12.1945, der die Liquidierung dieser Vereine beinhaltete. Bei allen Beteiligten gab es Übereinstimmung darin, die Kinder im antifaschistischen Sinne zu erziehen und sie in einer friedlichen Umgebung und Zukunft aufwachsen zu lassen.
Den Jugendkomitees gehörten auch vereinzelt Kinder an, die damals aber nur wenig auszurichten vermochten. Die Tätigkeit der Gruppen in Bezug auf die Gesamtheit der Kinder und Jugendlichen blieb ebenfalls gering, so dass sie trotz großer Anstrengungen weiter unter 5% der Kinder erfassten. Hinzu kam, dass ein großer Teil der Eltern die Einbeziehung ihrer Kinder in die Arbeit der Jugendausschüsse aus den verschiedensten Gründen ablehnte, vor allem auch deshalb, weil in ihnen noch ein tiefes Misstrauen gegenüber politischen Organisationen der Kinder steckte, was mit der Nazi-Zeit zusammenhing. Seitens der jungen demokratischen Kräfte war über längere Zeit noch eine gewaltige Überzeugungsarbeit zu leisten.
Die Bedeutung der Kinderlandbewegung liegt vor allem darin, dass sie, und zwar unter Berücksichtigung der Bedingungen der damaligen Zeit und der Fülle der Aufgaben, die vor den antifaschistischen Jugendausschüssen standen, den Kindern nach den schweren und entbehrungsreichen Kriegsjahren Freude und Frohsinn zu bringen vermochten und ihnen halfen, die Freizeit sinnvoll zu gestalten. Das persönliche Engagement der Helfer ist hierbei nicht hoch genug zu schätzen, ihr Einsatz war selbstlos und dem Wohl der Kinder zugetan.
Am 26. Februar 1946 erfolgte der Antrag des Zentralen Antifaschistischen Jugendausschusses an die SMAD auf Zulassung der FDJ, dem stattgegeben wurde.[4] Der vorher bereits in London wirkenden FDJ gehörten Jugendliche vor allem aus jüdischen, bündischen, einige auch aus sozialdemokratisch oder kommunistisch ausgerichteten Elternhäusern an. In der Zeitschrift antifa vom Nov/Dez 2008 erschien ein Gespräch mit Alfred Fleischhacker unter dem Titel „Ich war fünfzehn“. Er berichtete (er war mit Zustimmung seiner Eltern nach England emigriert), dass die FDJ in ihrer besten Zeit in London, 1941 bis 1945, ungefähr 750 Mitglieder hatte. Ein hoffnungsvolles Zeichen!
Mit der Gründung der FDJ am 7. März 1946 entstand in Deutschland erstmals die Möglichkeit, eine demokratische und einheitliche Massenorganisation für alle Schichten der Jugend zu schaffen und die Spaltung der deutschen Jugendbewegung auf dem Territorium der Sowjetischen Besatzungszone zu beenden. Die Gründungsurkunde wurde 1946 auch von einem evangelischen und einem katholischen Vertreter mit unterschrieben. Leider erfolgte eine Trennung von der FDJ durch kirchliche Kreise bereits 1949, also etwa mit der Gründung der DDR. Die Gründung der FDJ war eine Voraussetzung, analog zu ihr eine entsprechende Kinderorganisation ins Leben zu rufen.
Das I. Parlament der FDJ, das Pfingsten vom 8. bis 10. Juni 1946 in der Stadt Brandenburg tagte, nahm die Grundsätze und Ziele sowie die Statuten an. Es verabschiedete die vier „Grundrechte der jungen Generation“ (politische Rechte, Recht auf Arbeit und Erholung, Recht auf Bildung, Recht auf Freude und Frohsinn), die den Grundsätzen und Zielen der künftigen Kinderorganisation auch eine Orientierung geben konnten.[5] Fridel Lewin (1911) wurde zum Mitglied des Sekretariates des ZR der FDJ gewählt, wo sie künftig die Abteilung Kinderarbeit leitete. Sie wurde später, nach dem II. Parlament der FDJ, auch als erste Vorsitzende der Kindervereinigung der FDJ benannt.
Der demokratische Umwälzungsprozess, der nach 1945 auf dem Boden der Sowjetischen Besatzungszone eingesetzt hatte, sollte auch die Kinder erfassen, sie in der Gemeinschaft zur Selbstverantwortung und zur Solidarität erziehen sowie zur Arbeit für die Allgemeinheit anhalten. Aus dieser Zeit sind Beispiele bekannt, wonach Kinder an Holzsammelaktionen, Betreuung kranker Menschen beteiligt waren, Weihnachtsfeiern für Rentner und Waisenkinder mit ausgestalteten sowie bei der Enttrümmerung der Städte oder bei der Einbringung der Ernte Hilfe leisteten. Mit der Verkündung des Gesetzes zur Demokratisierung der deutschen Schule vom 12. Juni 1946 zeichneten sich auch erste, feste Beziehungen der Kindergruppen zur Schule ab. Sie erfassten bis Pfingsten 1947 aber nur 100.000 Kinder. Das waren knapp 5% aller Schulkinder.
Das II. Parlament der FDJ, das vom 23. bis 26. Mai 1947 im Hamburger Hof in Meißen tagte, beschloss u.a. die Gründung der Kindervereinigung der FDJ, deren Grundsätze und Ziele sowie deren Statut. Das war ein sehr wichtiger Schritt, der darauf abzielte, den Aufbau einer einheitlichen antifaschistisch-demokratischen Kinderorganisation auf deutschem Boden zu ermöglichen. Zugleich war es der Anfang, Kinder politisch zu organisieren und zu führen. Dieser Schritt ist auch insofern als mutig zu bezeichnen, da er die Pläne der verschiedensten Kräfte durchkreuzte, die Kinderbewegung zu spalten oder bürgerliche bzw. konfessionelle Kindergruppen zu etablieren. Es konnte keinesfalls im Sinne der noch jungen antifaschistisch-demokratischen Ordnung sein, eine Zersplitterung innerhalb der Kinderbewegung zu dulden, denn die Einheit aller antifaschistischen Kräfte, wozu auch politisch organisierte Kinder gehörten, wurde allgemein als eine geschichtliche Notwendigkeit angesehen, die oberste Priorität besaß. Zu berücksichtigen war damals schon die gegensätzliche politische Entwicklung, die sich auf vielen Gebieten, besonders auf politischem Gebiet, in Westdeutschland zu vollziehen begann.
In der damaligen Zeit offenbarte sich ein kaum erkanntes Problem, was sich in der Geschichte der gesamten deutschen Jugend- und Kinderbewegung verfolgen lässt, und sich nach 1945 auch in der Geschichte der Kinderorganisation zeigte. Damals, am Beginn des Aufbaus einer antifaschistisch-demokratischen Ordnung, war keinesfalls vorauszusehen, wie sich die Entwicklung vollziehen würde. Gemeint ist die Tatsache, dass sich Jugend- und auch Kinderbewegungen, bürgerliche wie sozialistische, oft im Sinne aller anderen sprechen, auftreten und handeln wollten. Als eklatantes Beispiel sei auf den Ersten Freideutschen Jugendtag 1913 auf dem Hohen Meißner verwiesen, wo die verschiedensten bürgerlichen Verbände erschienen waren (Schüler, Studenten, Burschenschaften, u.a.) und die sozialistische Jugendbewegung am Rande einmal Erwähnung fand. Die Meißner-Formel setzte auf Freiheit von äußerer Autorität und Freiheit zu eigener Gestaltung des Lebens, und zwar nach dem eigenen Gesetz. Das war eine formale Umschreibung des eigenen Wollens der „neuen“ Jugend, die aber im Feuer des 1. Weltkrieges zerstob, und zwar infolge der Kriegsfreiwilligkeit breiter Schichten der Jugendlichen, und dadurch ist das Gegenteil von Selbstbestimmtheit, Eigenverantwortlichkeit sowie von Wahrhaftigkeit praktiziert und erreicht worden.
In ganz anderer Hinsicht vollzog sich auch etwas in der Geschichte der Kinderbewegung der DDR, denn zur „politischen Wende“ in den Jahren 1989/90 „verschwand“ die Kinderorganisation von heute auf morgen und zerfiel in ein Nichts; deshalb ist heute danach zu fragen, wieso das kam und welches die Gründe dafür sein konnten, was in dieser Schrift z.T. beantwortet werden soll.
Nach der totalen Niederlage des Nazi-Regimes 1945 war es zunächst vorrangig, alle Kräfte auf die Gestaltung der antifaschistisch-demokratischen Ordnung zu richten und dabei auch die Einheitlichkeit der Kinderbewegung zu garantieren, d.h., eine Zersplitterung nicht zuzulassen. Das hätte vorausgesetzt, sich schon damals die Erkenntnisse und Erfahrungen aller Bestrebungen der Kinderbewegungen (incl. bürgerlicher) in Deutschland zunutze zu machen, was jedoch kaum zu erreichen gewesen wäre. Jetzt ist es nötig, aus bitteren Lehren Schlussfolgerungen zu ziehen!
Die FDJ ließ sich primär von dem Gedanken leiten, dass die heranwachsende Generation künftig die Verantwortung in der Gesellschaft zu tragen haben würde und darauf vorbereitet werden müsse. Was das im Einzelnen bedeutete, spiegelte sich in den „Grundsätzen und Zielen“ der Kindervereinigung der FDJ wider. Diese sagen u.a. Folgendes aus:
· In der Schule wollen wir gut lernen und stets zur Arbeit bereit sein,
· wir wollen nicht nur an uns selbst, sondern auch an die anderen denken,
· wir wollen die Menschen achten, stets hilfsbereit sein und mit allen Kindern in der Welt Freundschaft halten,
· wir wollen das Vertrauen der Eltern für uns und unsere Arbeit gewinnen und suchen ihre Mitarbeit,
· wir halten unseren Körper sauber, damit wir gesund bleiben und stark werden,
· der Helfer ist unser Freund und Kamerad. Mit ihm wollen wir alles beobachten, erkennen und alles gemeinsam mit ihm tun.
Grundlegende Erkenntnis war bereits zu diesem Zeitpunkt, dass erst im Zusammenwirken von Elternhaus, Schule und Kindervereinigung diese Ziele erreicht werden können. In dieser Zielstellung drücken sich neue Qualitätsmerkmale gegenüber der „Kinderlandbewegung“ aus, die in Folgendem gesehen werden können:
· Die gesellschaftlich-nützliche Arbeit erhält einen bedeutenden Platz in der Erziehung, wodurch die Kinder frühzeitig an den demokratischen Neuaufbau herangeführt werden können. Das kommt in dem bekannten Slogan zum Ausdruck, der sich „Keiner zu klein, um Helfer zu sein“ nannte.
· Eine engere Zusammenarbeit mit der Schule begann durch die Bildung von Schulgruppen der Kindervereinigung, durch das Streben nach besseren Lernergebnissen sowie durch die Gewinnung von Schulfunktionären und Neulehrern für die Tätigkeit in der Kindervereinigung.
· Die Vertiefung der freundschaftlichen Beziehungen zur Sowjetunion und die Organisation von Solidaritätsaktionen für den nationalen Befreiungskampf besonders der Völker in der Dritten Welt wurden zu einem bedeutenden Anliegen der Kindervereinigung.
Die Leitung der Kindervereinigung der FDJ erfolgte durch eine beim Zentralrat der FDJ gebildete „Zentrale Arbeitsgemeinschaft“. Diese gab Satzungen für den Aufbau einheitlich organisierter Gruppen in den Schulen, Heimen und Wohnbezirken heraus und differenzierte bereits die Tätigkeit der Gruppen nach den Altersbesonderheiten, z.B. für 6- bis 9-Jährige, 9- bis 11-Jährige und 12- bis 14-Jährige. Es gab auch erste gewählte Organe, und zwar die „Gemeinschaftsvertretungen“ oder „Gruppenvertretungen“. An der Spitze dieser „Gruppenvertretungen“ stand ein Helfer, der meist von der FDJ delegiert worden war. Charakteristisch für die Kindervereinigung waren auch die sozialdemokratisch orientierten Kinderparlamente, die aber vom ZR der FDJ als Kontrollinstanz gegenüber der Schule abgelehnt wurden.[6]
Rückblickend ist festzuhalten, dass die Kindervereinigung der FDJ eine vielfältige Arbeit leistete und sie den nur betreuenden Charakter der „Kinderlandbewegung“ zu überwinden versuchte. Es gelang ihr aber nicht, eine einflussreiche und politisch straff organisierte Kinderorganisation in nur einem Jahr zu werden. Sie erfasste im Jahre 1948 etwa 10% aller Schulkinder. Ihr war es aber zu verdanken, wichtige Vorleistungen für den Aufbau einer politischen Massenorganisation der Kinder geschaffen zu haben.
[1] Vgl. Christa Uhlig, Soziale Emanzipation – der historische Bezug von Kindheit. In: Dieter Kirchhöfer, Gerhart Neuner, Irmgard Steiner, Christa Uhlig. Kindheit in der DDR, Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien; 2003, S. 17−33.
[2] Potsdamer Abkommen und andere Dokumente, Berlin 1950, S. 13–24.
[3] 60 Jahre revolutionäre deutsche Kinderbewegung, 1980, S. 117.
[4] In der Abhandlung von Mathias von Hellfeldt über die „Bündische Jugend und Hitlerjugend“, Köln 1987, fanden wir die Aussage, dass es bereits in der Mitte der 30er Jahre eine FREIE DEUTSCHE JUGEND in London gab, d.h. im Exil, die als eine Quelle der Geschichtsschreibung der DDR, besonders der FDJ, „verschwiegen“ wurde (S. 44 und S. 256, Anmerkung 43).
[5] I. Parlament der Freien Deutschen Jugend, Berlin 1952, S. 154–158.
[6] Vgl. Werner Lindner, Grundlagen der Arbeit der Pionierorganisation „Ernst Thälmann“, Berlin 1955, S. 72/73.