Dienstag, 2. November 2010, 18:00 bis Mittwoch, 3. November 2010, 16:00, Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte, Am Alten Markt 9, 14467 Potsdam

Deutsche Außenpolitik im Nahen Osten

14. Potsdamer Kolloquium zur Außen- und Deutschlandpolitik

Gemeinsame Veranstaltung mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg, der Rosa Luxemburg Stiftung und dem Verband für internationale Politik und Völkerrecht e.V.

18.00 bis 18.15 Uhr
Eröffnung und Begrüßung
Botschafter a. D. Otto Pfeiffer (Präsident des Verbandes für internationale Politik und Völkerrecht e.V., Berlin)

18.15 bis 19.00 Uhr
Vortrag
Israel, Palästina und die deutsche Außenpolitik
Prof. Dr. Udo Steinbach (früher Leiter des Deutschen Orient-Instituts Hamburg, Berlin)

19.00 bis 21.00 Uhr
Podiumsdiskussion
Die deutsche Außenpolitik im Nahen Osten seit der Vereinigung. Eine Sicht von außen

Salah Abdel Shafi (Generaldelegierter Palästinas in Deutschland) Avi Primor (Leiter des Zentrums für Europäische Studien am Interdisciplinary Center Herzliya; Botschafter Israels in der Bundesrepublik Deutschland von 1993 bis 2000; Tel Aviv)
Moderation: Dr. Florian Weis (Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin)

Mittwoch, 3. November 2010
10.00 bis 10.45 Uhr
Vortrag
Deutsch-israelische Beziehungen zwischen Moral und Realpolitik
Dr. Angelika Timm (Leiterin des Israel-Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Tel Aviv)

10.45 bis 12.30 Uhr
Podiumsdiskussion
Die Außenpolitik der DDR im Nahen Osten bis 1990
Wolfgang Grabowski
(Botschafter a. D., Berlin), Dr. Arne Seifert (Botschafter a. D., Gerswalde), Dr. Klaus Timm (früher Humboldt-Universität zu Berlin, Professor für Zeitgeschichte des Nahen und Mittleren Ostens, Berlin/Tel Aviv), Dr. Heinz-Dieter Winter (Botschafter a. D., ehemaliger stellvertretender Außenminister der DDR, Vogelsang)
Moderation:
Dr. Erhard Crome (Rosa Luxemburg Stiftung, Berlin)

12.30 bis 13.30 Uhr Mittagspause

13.30 bis 15.30 Uhr
Podiumsdiskussion
Die deutsche Nahostpolitik und die aktuelle Situation im israelisch-palästinensischen Verhältnis
Dr. Fritz Balke
(Nahost-Forum e. V., Berlin), Rudolf Dreßler (Staatssekretär a. D., Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Israel von 2000 bis 2005, Königswinter), Wolfgang Gehrcke (MdB, DIE LINKE, Berlin), Prof. Dr. Karin Kulow (Arabistin und Islamwissenschaftlerin, Nahostspezialistin, Berlin)
Moderation: Peter Schäfer (Leiter des Palästina-Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Ramallah)

15.30 bis 16.00 Uhr
Schlusswort

Holger Politt schrieb zur Konferen im ND vom 6.11.2010:

Von Vergangenheit und Verantwortung. Deutsche Nahostpolitik auf dem Prüfstand.

Holger Politt

Für den Nahostkonflikt – ein Dauerthema auf der internationalen Tagesordnung – zeichnet sich noch immer kein Ende ab. Auch in der deutschen Parteienlandschaft werden die Wege zu einer gerechten Lösung kontrovers diskutiert.

Damit befasste sich in dieser Woche eine Tagung der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Potsdam. Deutschlands Nahostpolitik – ein komplexes und widersprüchliches Thema. Risse gehen dabei durch alle Bundestagsparteien. Ein gemeinsamer Nenner findet sich zwar, da im Verhältnis zum Nahen Osten auf den Deutschen seit Ende des Zweiten Weltkriegs in ganz besonderer Weise der Schatten der Vergangenheit lastet. Über die Ausmaße desselben, die Konsequenzen daraus und die damit einhergehenden Widersprüche geht indes der nicht zu übersehende politische Streit – innerhalb der Parteien und zwischen ihnen, früher aber auch zwischen den beiden deutschen Nachkriegsstaaten.

Das wurde jetzt in Potsdam auf einer zweitägigen Konferenz erneut deutlich. Unter dem Titel »Deutsche Außenpolitik im Nahen Osten« versammelte die Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg mit Unterstützung des Vereins Helle Panke aus Berlin und des Verbandes für internationale Politik und Völkerrecht Wissenschaftler, Politiker und Diplomaten aus Deutschlands Osten und Westen, aus Palästina und Israel.

Udo Steinbach, langjähriger Direktor des Deutschen Orientinstituts in Hamburg, führte seine umfängliche Analyse der deutsch-israelischen und deutschpalästinensischen Beziehungen zu dem Schluss, dass die wesentlichen Grundpfeiler der deutschen Nahostpolitik neu auszurichten seien. Dabei sollte strikt auf die Gleichbehandlung von Israelis und Palästinensern geachtet und das Gewicht der Schoah bei der Bewertung der heutigen israelischen Politik im Nahen Osten neu bestimmt werden.

Darüber hinaus gelte es, angesichts der heutigen Regierungspolitik in Israel »Instrumente des Drucks« zu prüfen. Darin pflichtete ihm erwartungsgemäß Salah Abdel Schafi bei, eneraldelegierter Palästinas in Deutschland, der am Schluss seines Beitrags von der Bundesregierung forderte, den Druck auf Israel in Israels eigenem Interesse zu erhöhen. Deutschland, so sein Eindruck, sei in der Nahostpolitik zu befangen und verstecke sich gern hinter der EU.

Avi Primor, von 1993 bis 2000 Botschafter Israels in Deutschland, bewertete die gegenwärtige Rolle der EU im Nahostprozess durchaus kritisch, als er meinte, sie sei nicht kühn genug, um in einer schwierigen Situation mehr Initiative zu ergreifen. Der erfahrene Diplomat machte, auf die aktuelle Stimmungslage auf israelischer Seite angesprochen, eine deutliche Mehrheit für einen Friedensprozess aus. Wichtig seien jedoch konkrete praktische Schritte, die den Weg in den Frieden sichtbar machen könnten. Israel habe bei der Räumung des Gaza-Streifens Fehler gemacht.

Rudolf Dreßler, zu Beginn des Jahrhunderts deutscher Botschafter in Israel, verwies darauf, dass für die Palästinenser die Siedlungsfrage jene Bedeutung habe, die in Israel Gewalt und Terrorgefahr einnehmen. Er warnte zugleich vor einem vereinfachten Blick aus der Ferne, da die Tatsache, dass die Existenz des eigenen Landes ständig in Frage gestellt werde, besonders schwer wiege.

Auch deshalb, so Wolfgang Gehrcke, Bundestagsabgeordneter der LINKEN, sei eine Zwei-Staaten-Lösung dringend erforderlich. Es sei besser, wenn sie auf dem Verhandlungswege zustande käme, doch sei er besorgt, denn die Palästinenser könnten angesichts der von ihnen als ausweglos empfundenen Situation einseitige Schritte unternehmen.

Ergänzt wurde die Debatte über heutige Aspekte der deutschen Nahostpolitik durch geschichtliche Rückblicke, so etwa von Angelika Timm, Leiterin des Israel-Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung, die Grundlinien der jeweiligen Nahostpolitik in den beiden deutschen Nachkriegsstaaten nachzeichnete.

Wilfried Telkämper, Leiter der Auslandsarbeit der Rosa-Luxemburg-Stiftung, unterstrich, dass die Stiftung neben dem Büro in Israel auch eines in Palästina unterhalte. Man wolle damit auch Brücken bauen und den Friedensprozess mit Kontakten und Konzepten unterstützen.

Arnold Schölzel schrieb zur Konferenz in der Jungen Welt vom 4.11.2010 einen Artikel unter dem Titel "Verwicklung in den nächsten Krieg. Islamwissenschaftler Udo Steinbach warnt in Potsdam vor den Folgen von Merkels Nahostpolitik".

RLB

Kosten: 2,- Euro / 5,- Euro, inkl. Imbiss und Getränke

Wo?

Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte
Am Alten Markt 9
14467 Potsdam