Dienstag, 9. April 2019, 20:00 bis 22:00, Fahimi Bar, Skalitzer Straße 133, 10999 Berlin

"Die Existenzbedrohung des täglichen Lebens schreitet voran." – Ein Abend zu Franz Jung

Junge Panke

Franz Jung: "Die Existenzbedrohung des täglichen Lebens schreitet voran." by Helle Panke e.V. Rosa Luxemburg Stiftung Berlin

Es gibt nur wenige Gestalten in der Arbeiterbewegung des frühen 20. Jahrhunderts und der Revolutionsjahre um 1918/19, deren Leben so schillernd und legendenumwoben und deren literarisches Werk gleichzeitig so in Vergessenheit geraten ist, wie Franz Jung (1888–1963). In Neiße geboren, verlässt er als 19-jähriger die Kleinstadt, um in Leipzig, Breslau, Jena und München zu studieren: zunächst Musikwissenschaften unter anderem bei Max Reger, später Jura, Nationalökonomie und Germanistik. In München lernt er den Psychoanalytiker Otto Gross, Oskar Maria Graf und Erich Mühsam kennen und tritt der anarchistischen Gruppe "Tat" bei. Er ist Korpsstudent und Protagonist der beginnenden Dada-Bewegung, und er wird zum Revolutionär: Jung beteiligt sich an den Aufständen der Arbeiterklasse in Mitteldeutschland 1919, reist auf abenteuerliche Weise zur Komintern über Murmansk nach Moskau und stellt sich in den Dienst des Aufbaus der Sowjetindustrie in Nowgorod. Er kehrt 1923 zurück nach Deutschland, arbeitet mit Piscator am Theater, publiziert in kommunistischen Zeitungen, ist Autor proletarischer Industrieromane und utopischer Romane für den Malik-Verlag.
1933 führt ihn die Widerstandsarbeit ins Exil, erst in die Tschechoslowakei, dann nach Frankreich, in die Schweiz, Ungarn, Italien (mal wieder ins Gefängnis), und 1947 in die USA, wo er sich als Wirtschaftskorrespondent verdingt und als Autor in Vergessenheit gerät.
Nach über einem Jahrzehnt siedelt Jung schließlich nach Paris und Stuttgart über, wo er als kritischer Selbstchronist unter Nichtbeachtung der Öffentlichkeit seine großartige Autobiographie "Der Weg nach unten. Aufzeichnungen aus einer großen Zeit" (1961) veröffentlicht; er selbst nennt die Schrift "Torpedokäfer".
Hanna Mittelstädt und Annett Gröschner haben 2018 mit der Regisseurin Rosmarie Vogtenhuber am HAU Franz Jung für die Bühne inszeniert. Das Stück hieß "Die Technik des Glücks – Eine Franz-Jung-Revue"[1].
Heute Abend werden beide in das Leben und Werk des Phantasten und Revolutionärs Franz Jung einführen, aus seinen Texten lesen und mit uns über das utopische Potential revolutionärer Literatur diskutieren.  

Mit: Hanna Mittelstädt (Autorin und ehem. Verlegerin der Edition Nautilus) und Annett Gröschner (Autorin)

Moderation: Dr. des. Birgit Ziener

Eine Veranstaltung von Helle Panke in Kooperation mit dem Nautilus-Verlag, der auch die Gesamtausgabe[2] der Werke von Franz Jung besorgt hat.

Links:

  1. https://www.hebbel-am-ufer.de/programm/spielplan/groeschner-mittelstaedt-vogtenhuber-fischbeck-technik-des-gluecks/
  2. https://edition-nautilus.de/programm/franz-jung-werkausgabe/
Kosten: 2,00 Euro / ermäßigt 1,00 Euro

Wo?

Fahimi Bar
Skalitzer Straße 133
10999 Berlin