Reihe "Wege aus dem Kapitalismus"
Der allseits siegende Kapitalismus rüttelt die Gesellschaften in einer Weise durch, dass nicht nur herrschende Neoliberale zu quasi staatssozialistischen Maßnahmen greifen. Auch dem Alltagsbewusstsein und selbst dem gehobenen Feuilleton kommen Zweifel an der Menschenverträglichkeit der herrschenden Produktionsweise. Das Schicksal der sich auf Marx beziehenden antikapitalistischen Bewegungen, die aus Katastrophen heraus zur Weltgeltung aufgestiegen waren, verbietet es nach solchen kommunistischer Alternativen zu streben, die früher vielen Menschen plausibel erschienen.
Im Vortrag und im Seminar geht es um das Eingebundensein kommunistischer Ideen in den jeweiligen Entwicklungsstand der kapitalistischen Produktionsweise, in die praktischen Anforderungen der entsprechenden sozialen Bewegungen und in die vorgefundenen Theorien. Daraus ist zwar unmittelbar keine Antwort auf das „Was tun?“ abzuleiten. Aber eine Diskussion über die frühere Zeitbezogenheiten der Vorstellungen von Wegen aus dem Kapitalismus kann für eine heutige Suche nach Alternativen sehr hilfreich sein.
Freitag, 11. September 2009, 19.00 Uhr, Vortrag von Ulrich Weiß
Zu einigen Zusammenhängen zwischen Entwicklungsphasen der kapitalistischen Produktionsweise, den Existenzbedingungen marxistisch-sozialistischer Bewegungen und historischen Kommunismusvorstellungen
Moderation: Stefan Meretz
Sonnabend, 12. September 2009, 10.00 bis 17.00 Uhr Seminar
Bezogen auf die jeweils historischen Bedingungen und die vorgefundenen theoretischen Voraussetzungen werden Kontinuitäten und Brüche in den Sozialismus- und Kommunismusvorstellungen untersucht.
Seminarleitung: Annette Schlemm und Mathias Spiller
Die Vorstellungen des jungen Marx von einer Gesellschaft der allgemeinmenschlichen Emanzipation blieben in der ganzen Geschichte der sozialistisch-kommunistischen Bewegung Gegenstand der Auseinandersetzung. Im Seminar werden einige seiner frühen Auffassungen und Methoden als Ausgangspunkte herausgearbeitet um dann ihr weiteres Schicksal zu verfolgen und zwar vor dem Hintergrund der realen Existenzbedingungen der auf Marx bezogenen Arbeiterbewegung und seiner späteren Kritiken der Politischen Ökonomie.
Es werden folgende Hypothesen zur Diskussion gestellt:
1. Die tatsächliche Entwicklung des Kapitalismus, der Arbeiterbewegung und des Real-“Sozialismus“ entzog der Bestimmung des Kommunismus als einer schon vorhandenen „wirklichen Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt" die reale Basis.
2. Im heutigen Spätkapitalismus und in neuen sozialen Räumen jedoch sind einige der frühen Marxschen Annahmen tatsächlich auf real Mögliches beziehbar, werden sie zur „konkreten Utopie" (Bloch).
2. Im heutigen Spätkapitalismus und in neuen sozialen Räumen jedoch sind einige der frühen Marxschen Annahmen tatsächlich auf real Mögliches beziehbar, werden sie zur „konkreten Utopie" (Bloch).
1842 – 45
Vom ambitionierten bürgerlichen Demokraten zum Kommunisten – ein spekulatives Hinausdenken über eine noch nicht entfaltete Gesellschaft
1857/58
Ein Revolutionär widerlegt sich selbst
Die Annahme, der ökonomischen Krise folge notwendig die proletarische Revolution, treibt Marx zur Arbeit an den „Grundrissen der Kritik der Politischen Ökonomie“. Die dabei gewonnene Erkenntnis, wann eine auf Verwertung gegründete Produktionsweise überhaupt aufhebbar wird, attestiert dagegen dem Kapitalismus noch eine große Zukunft.
1875:
Die tatsächlich erstarkende Arbeiterbewegung und die Fassungslosigkeit des Theoretikers
Marx' Kritik am Gothaer Programm der Sozialdemokratie – oder der Zwang, der Bewegung Bilder zu bieten.
1892/98:
Die Arbeiterbewegung schreitet voran, das (End-)Ziel geht verloren
Kommunismus als Theorie der „Befreiung der gesamten Gesellschaft ... ist in abstraktem Sinn richtig, aber in der Praxis meist schlimmer als nutzlos" (Engels 1892, Bernstein 1898)
"Dieses Ziel, ... ist mir gar nichts, die Bewegung alles.“
1918/23:
Die Praxis der Revolution verschiebt das Ideal
Mangelnde Produktivität, mangelnde Kultur – Lenin weiß um das Dilemma und ändert die „ganze Auffassung vom Sozialismus grundlegend“
Mittel des sozialistischen Fortschritts?: „Die raffinierte Bestialität der bürgerlichen Ausbeutung“ (Taylorsystem) und die „'Fabrik'disziplin ... auf die gesamte Gesellschaft“ erstreckt.
1967 ff.:
Relativ selbstständige Gesellschaftsformation und Real-“Sozialismus“
Die Gültigkeit der Kategorien der (kapitalistischen) Warenproduktion und die Mobilisierung des bürgerlichen Individuums – eine Abkehr vom Kommunismus mit System.
Gegenwart: Die ökonomische Grundlage des Spätkapitalismus wird miserabel – die Möglichkeit des Kommunismus?
Beachten Sie bitte den veränderten Termin und den neuen Veranstaltungsort!
Literatur:
Ulrich Weiß, Marx und der mögliche Sozialismus, Utopie kreativ, 17/2000, S.958 – 971 oder http://www.trend.infopartisan.net/trd0499/t090499.html,
Stefan Meretz, Beiträge zur Keimformdiskussion auf http://www.keimform.de/
weitere Thesen/Texte zum Thema bitte anfordern bei Ulrich Weiß, uli@weiss-und-freunde.de