Dienstag, 27. Januar 2015, 10:00 bis 12:00, Karl-Liebknecht-Haus, Kleine Alexanderstraße 28, 10178 Berlin

Tucholsky in der AIZ

Seniorenklub im Karl-Liebknecht-Haus

Behandelt werden die Beiträge Kurt Tucholskys in der Arbeiter Illustrierten Zeitung im Kontext seines Schaffens und ihr Verhältnis zum redaktionellen Profil der Zeitung. Dabei geht es auch um die Rolle des Intellektuellen in der Kommunistischen Partei und um Tucholskys Solidarität mit der kommunistischen Arbeiterbewegung und seiner Abgrenzung von ihrer Parteiideologie und ihrer damals aktuellen Hegemoniepolitik.

Referent: Prof. Dr. Dieter Schiller
Moderation: Christian Beyer


Wir danken der Tageszeitung Junge Welt für die freie zur Verfügungstellung der Besprechung Heftes "Warte nicht" von Felix Clay:

Nonkonformer Dichter. Dieter Schiller über Kurt Tucholskys Artikel in der Arbeiter-Illustrierten-Zeitung

Felix Clay

Der Name Kurt Tucholsky wird den meisten Menschen etwas sagen, selbst wenn sie nicht einen seiner Texte gelesen haben. Was die Arbeiter-Illustrierte-Zeitung (AIZ) aus dem Verlagshaus des »Münzenberg-Konzerns« hingegen war, dürfte mittlerweile als Wissen in der breiten Bevölkerung verschütt gegangen sein.

Ende der 1920er Jahre hatte diese Illustrierte eine Auflage von 350.000 Exemplaren und erreichte die verschiedenen Teile des Proletariats und der Mittelschichten durch ihre moderne Wort-Bild-Kombination. Die AIZ stand der KPD nahe, was jeder wusste, und erreichte trotzdem viele Menschen jenseits der Parteianhänger. Das lag an ihrem Format und ihrer Offenheit auch für nonkonforme linke Intellektuelle und Kulturschaffende. Einer davon war der Dichter Tucholsky. Er publizierte zwischen 1928 und 1930 40 Texte in der AIZ. Fast alle davon wurden unter seinem Pseudonym Theobald Tiger veröffentlicht. Gleichzeitig schrieb er für dezidiert bürgerliche Presseorgane.

Der Literaturwissenschaftler Dieter Schiller hat »Tucholskys Beiträge zur AIZ« zusammengefasst. Erschienen ist das Ergebnis in der Reihe Pankower Vorträge, die der Berliner Ableger der Rosa-Luxemburg-Stiftung, die »Helle Panke«, herausgibt. Insgesamt enthält das Buch drei Artikel. Die zwei Beiträge »Kurt Tucholskys und John Heartfields Buch ›Deutschland, Deutschland über alles‹« und »Tucholsky und der ›Jahrhundertkerl Heine‹« wurden beide schon vor zehn Jahren in kleinen Fachzeitschriften veröffentlicht. Der Haupttext »Tucholsky in der AIZ« ist ein erweiterter Vortrag Schillers. In diesem stellt der Autor dar, wie Tucholsky als Linksintellektueller, der aber kein Kommunist war, in dem Kommunistenblatt AIZ wirkte. Es war der berühmte Ritt auf Messers Schneide, der die Gedichte mit ihrer persönlichen Ansprache an den Arbeiter und besonders die Arbeiterfrau zu literarischen Kunststücken macht. Denn Tucholsky stand zwischen allen Stühlen: kein Parteikommunist, aber auf der Seite der Partei der Arbeit; im Klassenkampf stets auf der Seite des Proletariats, ohne selbst ein aktiver Klassenkämpfer zu sein. Oder machen diese Gedichte, die den Arbeiter in seiner Lebenswelt ansprechen, Tucholsky vielleicht doch zu einem größeren Klassenkämpfer, als er wahrhaben wollte? Am Ende war und ist Tucholsky vor allem eins, ein richtig guter Dichter, dem Schiller mit diesem Heft zu seinem 125. Geburtstag ein angemessenes Ständchen darbietet.

Dieter Schiller: »Warte nicht!« Tucholskys Beiträge zur Arbeiter-Illustrierten-Zeitung. Pankower Vorträge, Heft 194, 2015, 40 S., drei Euro.

Kosten: 2,00 Euro

Wo?

Karl-Liebknecht-Haus
Kleine Alexanderstraße 28
10178 Berlin