Literatur und Gesellschaft

Wir leben in gefühligen Zeiten – die Sehnsucht nach dem Emotionalen, dem Echten, dem Authentischen ist zum regelrechten Zwang geworden. Der Referent geht der Frage nach, inwieweit auch die Linke diesen Trend mitmacht: im Blick auf einen grassierenden romantischen Antikapitalismus und die schwärmerische Begeisterung für gewisse Graswurzel- und Befreiungsbewegungen.
Für Neo-Romantiker kann diese Welt nur Enttäuschungen bieten, wo man auch hinschaut, was man auch unternimmt: Die selbstgemachte Marmelade aus dem eigenen Garten – sie schmeckt schal. Die neue Freundin flirtet parallel schon wieder online. Die schönsten Plätze der Welt sind schon bebaut, mit Romantic Hotels und Golfplätzen. Die Kunst ist tot, nun aber endgültig. Die heiße Liebe zum Fußball – erkaltet im Kommerz. Das Vaterland? Eine Ansammlung von Schnäppchenjägern und Jammerlappen, angeführt von den Betrügern, die sie verdienen. Und selbst wer als romantischer Dschihadist in irgendein frommes Kalifat zieht, wird dort zum miesen Mörder und bigotten Sklavenhalter. Was tun?

Referent: Dr. Christian Saehrend (Autor: "Gefühlige Zeiten. Die zwanghafte Sehnsucht nach dem Echten", DuMont-Verlag 2015)
Moderation: Dr. Frank Engster