Europa von links

Rechter polnischer Aufkleber

Innerhalb der europäischen Linken gibt es eine intensive Diskussion um die Frage, ob sich Polen auf eine autoritäre Gesellschaft zubewegt. Die polnische Gesellschaft ist tief gespalten. Die Regierung macht sich an die Demontage des Verfassungsgerichts, aber Zehntausende können dagegen demonstrieren. Sie schaltet die öffentlich-rechtlichen Medien gleich, aber die privaten werden um so frecher. Polizei und Geheimdienste können zwar unkontrolliert Mailboxen und Postings durchschnüffeln, aber die Online-Gemeinde lässt sich immer neue Späße auf Kosten der Partei von Jaroslaw Kaczynski einfallen. Noch scheint das demokratische Polen nicht verloren.
Was bewegt die Regierungspartei PiS? Historisch gesehen die Ablehnung der "friedlichen Revolution" von 1989 und danach. Nicht das Ergebnis, der polnische Kapitalismus, stört die Regierenden, sondern dass der Übergang auch den Verlierern, den Stützen der Volksrepublik Polen, einen Start in die Zukunft erlaubte. Die PiS hätte es lieber, wenn allen ehemaligen Kommunist*innen ein lebenslanges Politikverbot erteilt worden wäre.
Die polnische sozialistische Linke ist ausdifferenziert und sehr schwach. Wo es aber keinen starken Antikapitalismus gibt, ist es für die Regierung relativ einfach, autoritäre Reformen durchzusetzen. Wahrscheinlich wird die PiS-Regierung viel größere Schwierigkeiten von den internationalen Investoren bekommen, als von ihrer "bürgerbewegten" liberalen Opposition. Die ist damit beschäftigt, ihre Harmlosigkeit zu beweisen.
Die Veranstaltung bietet Eindrücke und Einblicke von jenseits der Oder.

Referent: Reinhard Lauterbach (war viele Jahre als Redakteur bei verschiedenen öffentlich-rechtlichen Sendungen tätig, seit 2013 ist er freier Osteuropakorrespondent für Print- und Onlinezeitungen in lebt in Polen)
Moderation: Janeta Mileva