Philosophische Gespräche
Auf den ersten, theoretisch dichten Seiten des Achtzehnten Brumaires unterscheidet Marx drei verschiedene Weisen, in denen transformatives Handeln als von Wiederholungen durchzogen und strukturiert verstanden werden muss. Obschon alle drei Handlungsweisen jedoch als Wiederholungen konzipiert sind, unterscheiden sie sich zugleich radikal im Hinblick auf ihre Wirkungsweise.
(1) Demnach können Wiederholungen zum einen moderate gesellschaftliche Fortschritte herbeiführen, wie Marx am Beispiel der Französischen Revolution zeigt.
(2) Sie können aber auch Rückschritte etablieren bzw. eine anstehende gesellschaftliche Transformation verhindern, wie im Beispiel von Napoleons Neffen verkörpert.
(3) Der Wiederholung kommt zudem das Potential zu, radikale gesellschaftliche Transformation herbeizuführen. Diese letzte Wiederholungsbewegung konzipiert Marx als eine Praxisform, die der Realisierung von Veränderungen angemessen ist, die aufgrund ihrer Radikalität gegenwärtig als unmöglich erscheinen müssen.
Der Vortrag arbeitet zunächst diese drei unterschiedlichen Wiederholungsmodelle im Achtzehnten Brumaire heraus. Daran anschließend wendet er sich zwei unterschiedlichen Problemfeldern/Autoren zu: (a) Dem Kampf um die Abschaffung der Sklaverei und Unabhängigkeit von Kolonialmächten in Haiti, wie von C.L.R. James in Black Jacobins analysiert; und (b) Judith Butlers Überlegungen zu Widerstand gegenüber Normen der Genderkonformität. Beide lassen sich mit dem begrifflichen Rüstzeug des Achtzehnten Brumaire erschließen und tragen dabei zugleich mit eigenen Beobachtungen zur Wirkungsweise von Wiederholungen zu dessen Präzisierung und Erweiterung bei.
Referentin: Dr. des. Birte Löschenkohl (Lecturer in Social Sciences an der University of Chicago. Sie hat bisher zu Nietzsche, Marx, Kierkegaard und Schmitt, Benjamin und Blanqui sowie zu Agamben veröffentlicht. Ihre erste Monographie, "Freiheit und Wiederholung. Politisches Handeln ohne Zukunft," erscheint demnächst im Fink-Verlag.)
Eine Veranstaltung von "Helle Panke" e.V. in Kooperation mit dem Institut für Sozialtheorie Bochum e.V.