Seniorenklub im Karl-Liebknecht-Haus
Nicht nur auf der Kapital-Seite, sondern auch innerhalb der Linken wird "Postwachstum" häufig mit Wachstumsfeindlichkeit gleichgesetzt. Dabei geht es bei "Postwachstum" nicht primär um eine Schrumpfung der Wirtschaft, sondern um eine Überwindung der spätkapitalistischen Industriegesellschaften. Es geht um eine wachstumsunabhängige Reproduktion, um eine gesellschaftliche und individuelle Befreiung von Wachstumszwängen.
Die Diskussion um "Postwachstum" spricht innerkapitalistische Widersprüche an. Sie kritisiert ökologisch-soziale Risiken bei fortgesetzter Wachstumsorientierung, ausbleibende soziale Gewinne trotz permanenter Produktivitätssteigerung, damit zunehmende Ungleichheiten, tendenziell längere Arbeitszeiten und trotzdem kaum Zuwachs an Lebensqualität.
Im Vortrag wird ein kurzer Rückblick auf bisherige Phasen der Wachstumskritik seit den 1960er Jahren gegeben. Anschließend werden aktuelle Ansätze und Forderungen aufgezeigt: die demokratische Einhegung von Märkten, der sozialökologische Umbau, der Abbau sozialer Ungleichheiten, Arbeitszeitverkürzungen und die Nutzung anderer Wohlstandsindikatoren als dem Bruttosozialprodukt. Dem stehen Widersprüche und Dilemmata gegenüber, die im Vortrag und in der anschließenden Diskussion ebenfalls aufgegriffen werden: Wie kann eine solche Transformation gegen eventuell bestehende gesellschaftliche Mehrheiten und trotzdem demokratisch gestaltet werden? Wie kann ein anderes gesellschaftliches Verständnis von Wohlstand entstehen und Akzeptanz finden? Wer könnten Akteure einer solchen Transformation sein?
Referent: Dr. sc. Frank Adler (Soziologe, Dr. sc., arbeitet auf dem Feld Wachstumskritik/Postwachstum/Degrowth und ist in diversen lokalen Initiativen politisch engagiert)
Moderation: Christian Beyer