Literatur und Gesellschaft
Das war eine politische Frau, eine weise Frau und eine Frau dabei. Ich wußte vorher nicht, daß es solche Frauen gibt." (Alfons Goldschmidt: Moskau 1920)
Mit den Revolutionen 1917 rückte Russland schlagartig in den Fokus des Weltinteresses. Das Versprechen, eine völlig neue, gleichberechtigte Gesellschaft zu schaffen, zog auch hunderte von Reisenden aus der Weimarer Republik in das junge Sowjetrussland. In den Berichten über diese Reisen finden sich eine Vielzahl an Überschneidungen nationaler bzw. kultureller Zuschreibung mit geschlechtlichen Konnotationen.
Somit wurde nicht zuletzt das vermeintlich neu geschaffene Geschlechterverhältnis in der Sowjetunion zur Projektionsfläche für Reflexionen über den Volkscharakter der russischen Bevölkerung, für die Bedeutung der Revolution für die Weimarer Republik und damit einhergehend einer positiven oder ablehnenden Stellungnahme gegenüber dem sowjetischen System.
Anhand einiger ausgewählter Beispiele wird die Konstruktion von Geschlechterbildern in Reiseberichten von Autor*innen verschiedener soziokultureller wie politischer Kontexte in ihrer Verbindung mit kulturellen Zuschreibungen nachgezeichnet und erläutert.
Referentin: Anna Sator (Freiburg)
Moderation: Dr. des. Birgit Ziener