Literatur und Gesellschaft
Am Anfang gab es nur seinen Namen auf einer Liste, getippt im September 1944 in der Häftlingsschreibstube des KZ Buchenwald. Es war eine Transportliste nach Auschwitz mit den Namen von 200 Kindern und Jugendlichen. Die Nummer 200, Zweig, Stefan ist durchgestrichen. An seine Stelle wurde auf einem Zusatzblatt Blum, Willy hinzufügt.
Der dreijährige Stefan Jerzy Zweig überlebte das KZ Buchenwald, die Geschichte seiner Rettung bildete später die Vorlage für den Erfolgsroman von Bruno Apitz Nackt unter Wölfen. Über den sechzehnjährigen Sinto Willy Blum, der in Auschwitz ermordet wurde, war dagegen lange Zeit nichts bekannt.
Angestoßen von einem Protestschreiben des Vorsitzenden des Zentralrats der Sinti und Roma, Romani Rose, anlässlich der Neuverfilmung des Apitz-Romans Nackt unter Wölfen im Jahr 2015 hat sich Annette Leo auf die Suche nach der Geschichte von Willy Blum und seiner Familie gemacht. Es ist die Geschichte einer Familie von Marionettenspielern, die seit Generationen Kultur in die Dörfer und kleinen Städte brachten. Es ist die Geschichte einer mörderischen rassistischen Verfolgung während der NS-Zeit und zugleich die Geschichte von Missachtung und Verschweigen dieses Leidensweges während der Nachkriegszeit.
Referentin: Dr. Annette Leo
Moderation: Birgit Pomorin