Geschichte
In Ostberlin arbeitete im Jahr des Mauerbaus eine Ärztin an der Charité, deren Lebensweg sowie der ihres Mannes Mitja so bewegend ist, dass beide einen Platz in der aktuellen dritten Staffel der Fernsehserie „Charité“ fanden. Eigentlich müsste in der Biographie von Inge Rapoport von drei Leben gesprochen werden. Da ist, erstens, das Leben einer angehenden Medizinerin, die vor dem Antisemitismus des NS fliehen muss. Das zweite Leben, in dem die beiden überzeugten Kommunisten ebenfalls verfolgt wurden, spielt in den USA während des zweiten Weltkriegs und der Nachkriegszeit. Das dritte Leben führten sie dann als angesehene Ärzte und Forscher in der DDR.
1952 fanden sie Aufnahme in der jungen DDR. Beide prägten in der DDR mit ihren Forschungsleistungen, ihrem Selbstverständnis als Wissenschaftler, Ärzte und Lehrer und ihrem Bekenntnis zum Sozialismus das akademische Leben. Sie wurden Vorbild und Mentoren für viele Ärzte und brachten eine große Zahl erfolgreicher Schüler hervor.
Ingeborg Rapoport war als Neugeborenenforscherin maßgeblich an der Senkung der Säuglingssterblichkeit beteiligt. 1969 wurde sie an der Charité in Berlin/DDR die Inhaberin des ersten Lehrstuhls für Neonatologie in Europa.
Mitja Rapoport leitete von 1952 bis 1978 das wiederaufgebaute Institut für Physiologische Chemie der Humboldt-Universität, in Berlin/DDR. Er wurde als herausragender Biochemiker vor allem auf dem Gebiet der Erforschung der roten Blutzellen international bekannt. Als Mitglied der Akademie der Wissenschaften, forschungsleitender Gremien und medizinisch-wissenschaftlicher Gesellschaften prägte er besonders die Entwicklung der Biowissenschaften in der DDR. Mitja Rapoport war Nationalpreisträger der DDR und war 1982 Gründungsvorsitzender der DDR-Sektion der Internationalen Ärztebewegung gegen den Nuklearkrieg IPPNW. Er wurde 1993 erster Präsident der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin.
Für internationales Aufsehen sorgte Inge Rapoports nachträgliche Promotion im Jahr 2015 durch die Universität Hamburg im Alter von 102 Jahren, 77 Jahre nachdem ihr dieselbe Universität als "jüdischem Mischling" die Teilnahme an der mündlichen Abschlussprüfung verweigert hatte.
Den Biografien von Inge und Mitja Rapoport, die so viel über die politische und medizinische Geschichte des 20. Jahrhundert erzählen, widmen wir eine Abendveranstaltung in Kooperation mit der Rapoport-Gesellschaft e.V. Es ist ein Film- und Vortragsabend über die beiden herausragenden Forscher und Ärzte und ihr Wirken in der DDR.
Programm
Vorstellung der Rapport-Gesellschaft e.V.
Dr. Ulrich Fritsche (Hamburg), Vorsitzender des Vereins
Film: „Die Rapoports - Unsere drei Leben“ von Sissi Hüetlin und Britta Wauer (Adolf-Grimme-Preis 2005)
Kurzvorträge von Schülern und Partnern
Prof. Dr. Johann Groß, Prof. Dr. Lienhard Linke, Prof. Dr. Herbert Kreibich
Moderation: Dr. med. Heinrich Niemann
2013 erschien in unserer Publikationsreihe "Pankower Vorträge" das Heft 174: "Medizin – eine Biowissenschaft. Zum 100. Geburtstag des Forscherehepaares Ingeborg und Mitja Rapoport" mit Beiträgen von Werner Binus, Rita Gürtler, Herbert Hörz, Gisela Jacobasch, Burkhard Schneeweiß und Claus Wagenknecht, das für 3 Euro bei uns bestellt werden kann. Eine Leseprobe finden Sie auf unserer Homepage: