Geschichte
1922 war die Osternacht kurz für Reichskanzler Joseph Wirth. Im Schlafzimmer saß er mit seinen Ministern im Kurort Rapallo und beriet, ob das Deutsche Reich mit Sowjetrussland einen Vertrag abschließen sollte. Beide Staaten wurden von Mächten, die in Genua über die Nachkriegsordnung berieten, als Paria geschnitten. Da bot sich ihnen eine Chance für wirtschaftliche Zusammenarbeit, ohne ihre Klassenziele aufgeben zu müssen. Und es funktionierte bis zur faschistischen Machtübernahme gut, bescherte Profite selbst in der Weltwirtschaftskrise und ermöglichte – im Geheimen – Reichswehr und Roter Armee die Vorbereitung des
modernen Krieges. Eine auch zwiespältige Bilanz, die aber beispielgebend sein konnte für das Zusammenleben und gegenseitige Profitieren gegnerischer Mächte. Heute liegen die deutsch-russischen Beziehungen wieder danieder, so schlimm wie selten im einstigen Kalten Krieg.
Referent: Dr. Stefan Bollinger, Historiker u.a. mit Schwerpunkt deutsch-sowjetische Geschichte
Moderation: Dr. Janeta Mileva