Seniorenklub
Bundeskanzler Scholz apostrophierte vor einem guten Jahr den russischen Einmarsch in die Ukraine als politische "Zeitenwende". In den Bundesetat ließ er zusätzlich ein "Sondervermögen" von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr einstellen und es im Grundgesetz verankern. Inzwischen ist "Zeitenwende" mehr als nur der Bruch zwischen Russland und dem Westen. Sie wächst sich zu einem Epochenbruch aus. Gewissheiten aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, wie Friedliche Koexistenz, Wandel durch Handel, Inflation nur als böse Erinnerung an die 1920er Jahre usw., sind obsolet. Neue Gewissheiten gibt es noch nicht. Klar ist nur, dass es um eine neue Stufe im Wettbewerb der Systeme geht, in dem die USA den Ton angeben und die Wirtschaft als Waffe dient. Russland soll als geopolitischer Akteur ausgeschaltet und die VR China als systemischer Rivale behandelt werden.
Im Vortrag werden erstens die tektonischen Veränderungen in der Weltwirtschaft kritisch hinterfragt. Skizziert wird zweitens, was in der Bundesrepublik zu erwarten ist, wenn die gegenwärtige Politik fortgesetzt wird: Sprudelnde Boostergewinne für Rüstungskonzerne, inflationsgetriebene Verluste für über Jahre mühsam Erspartes bei Menschen mit geringen Einkommen, rasant steigende, immer teurer werdende und auf Bundesebene in Schattenhaushalten versteckte Schulden, die irgendwann getilgt werden müssen, Existenzbedrohung energieintensiver industrieller Bereiche. Drittens wird gefragt, was aus linker Sicht Inhalt einer Zeitenwende sein müßte und welche wirtschafts- und sozialpolitischen Schlußfolgerungen sich daraus ableiten.
Referentin: Prof. Dr. Christa Luft
Moderation: Dr. Inge Pardon