Samstag, 17. Oktober 2009, 10:00 bis 18:00, Neues Stadthaus, Otto-Suhr-Saal, Parochialstr. 3 10179 Berlin

Hier arm – da sexy?

Soziale Spaltung und Segregation in Berlin

Tagung des AK Linke Metropolenpolitik

In nahezu allen europäischen Großstädten hat die soziale und räumliche Polarisierung in den letzten Jahren zugenommen. Globalisierung und Tertiärisierung der Wirtschaft, anhaltende Massenarbeitslosigkeit und eine neoliberale Politik von Standortwettbewerb, Sozialabbau und Deregulierung haben zu wachsender gesellschaftlicher Ungleichheit geführt. In den Städten bilden sich die sozialen Gegensätze als zunehmende Konzentration von Armut und Reichtum in bestimmten Stadtgebieten ab – sozialräumliche Segregation. In innerstädtischen Altbauquartieren und Großwohnsiedlungen an den Stadträndern entstehend zunehmend „Problemgebiete“, in denen sich Armut und soziale, kulturelle und politische Ausgrenzungen der BewohnerInnen konzentrieren.

In Berlin haben seit der Wende die Deindustrialisierung und der davon verursachte Arbeitsplatzverlust vieler BerlinerInnen zu einer Zunahme sozialer Ungleichheit geführt. Wie viele andere Städte setzte die Große Koalition in den Neunziger Jahren auf die Privatisierung öffentlicher Daseinsvorsorge, den Ausstieg aus einer sozialen Wohnungsbaupolitik und Standortpolitik zugunsten von Investoreninteressen. Die Folgen dieser unternehmerischen Stadtpolitik und des Sozialabbaus auf Bundesebene mit der Agenda 2010 sind einer Zunahme sozialer Spaltung und Segregation erkennbar. So sind einerseits Teile von Prenzlauer Berg, Mitte oder Friedrichshain massiv aufgewertet worden; Luxuswohnprojekte sind in diesen gentrifizierten Quartieren keine Seltenheit. Andererseits haben in anderen Quartieren in der Innenstadt, aber auch in Außenbezirken wie Marzahn-Hellersdorf soziale Probleme und Armut massiv zugenommen.

Seit zehn Jahren wird das Berliner Quartiersmanagement als Instrument zur Bekämpfung von Segregation auf der Ebene der Stadtteile eingesetzt. Ziel dieses Sonderprogramms ist es, eine positive Entwicklung von „Stadtteilen mit besonderem Entwicklungs­bedarf“ anzuschieben. Aus anfangs 15 sind inzwischen 33 geförderte Quartiere geworden, die laut Sozialstrukturatlas 2008 nach wie vor die Schlusslichter unter den Berliner Quartieren in Bezug auf Einkommen, Arbeitslosigkeit, Wohnungsqualität, Gesundheit der BewohnerInnen etc. sind. Ausnahmen sind die gentrifizierten Gebiete in Prenzlauer Berg und Friedrichshain, wo eine deutliche Verbesserung der sozioökonomischen Situation stattgefunden hat – nicht zuletzt durch einen massiven Bewohneraustausch. Vor diesem Hintergrund muss die Frage nicht nur nach den Möglichkeiten und Grenzen des Quartiersmanagements, sondern auch nach alternativen bzw. ergänzenden Möglichkeiten der Bekämpfung von Segregation gestellt werden.

Auf dieser Tagung möchten wir zunächst die globalen, nationalen, städtischen und nachbarschaftlichen Entwicklungen skizzieren, die zu städtischen Segregationsprozessen führen. Welche Rolle spielen Politik, wirtschaftliche Umbrüche, Medien und Diskriminierung für die Entstehung von Segregation?

Weiterhin soll die Entwicklung von sozialräumlicher Polarisierung in den Berliner Bezirken untersucht werden. Welche spezifischen Segregationsprozesse finden einerseits in den innerstädtischen Altbaugebieten, andererseits in den Großsiedlungen am Stadtrand statt?

Daraufhin wollen wir gemeinsam mit PolitikerInnen und PraktikerInnen aus Quartieren, Bezirken und der Landespolitik Ansätze für die Bekämpfung sozialer Segregation entwickeln und diskutieren. Welche Handlungsmöglichkeiten bieten sich in den zentralen Handlungsfeldern Bildung, Wohnungspolitik und kommunaler Infrastruktur?


I Kaleidoskop städtischer Spannungen
Einführungsbeitrag:
Was ist Segregation?
Dr. Carsten Keller, Centre Marc Bloch HU Berlin

Facetten von Segregation:
Empirische Befunde: Aspekte von Segregation
Dr. Thomas Pohl, Universität Hamburg

Diskurse über Segregation/Ghettodiskurse
Jenny Künkel, TU Berlin

Moderation: Dr. Matthias Naumann

II Segregation in Berlin
Überblicksbeitrag:
Segregation in Berlin – Sozialstrukturatlas
Katrin Lompscher, Senatorin

Lokale Schlaglichter:
Außenbezirke – Beispiel Lichtenberg
Annegret Gabelin
Innenstadt - Aufwertungsgebiete
Dr. Andrej Holm
Innenstadt - Abwertungsgebiete
Cordula Fay, DEGEWO
Moderation: Thomas Barthel

III Ursachen und Handlungsmöglichkeiten
Inputbeitrag:
Handlungsansätze gegen soziale Segregation
Wenke Christoph, AK Linke Metropolenpolitik

Parallele Workshops:
Wohnungspolitik (Dr. Andrej Holm)
Bildung (Malte Krückels)
Abschlussplenum

Berichte aus den Workshops und Abschlussdiskussion
(Wenke Christoph)

Kosten: 5 Euro (incl. Mittagessen)

Wo?

Neues Stadthaus
Otto-Suhr-Saal
Parochialstr. 3 10179 Berlin