Lateinamerikareihe
Venezuela weist den größten Verstädterungsgrad Lateinamerikas auf - mehr als 80% der Bevölkerung konzentrieren sich in Städten. Vor allem die Hauptstadt Caracas ist geprägt von den Folgen der massiven Landflucht - von informellen Siedlungsstrukturen am Stadtrand, den sog. Barrios. Neben unwürdigen Lebensumständen sehen sich die dort lebenden Familien der ständigen Gefahr von Erdrutschen an den steilen Berghängen ausgesetzt. Schon fast unglaublich wirkt es, dass dennoch im Stadtzentrum von Caracas viele der Häuser leer stehen.
Aus dieser paradoxen Situation hat sich in den vergangenen Jahren eine dynamische Hausbesetzer-Bewegung entwickelt, die den Themen Besetzung und Enteignung im politschen Prozess zur Konjunktur verholfen hat. In welchem Verhältnis stehen die Los Sin Techos zum staatlichen Sozialismus des 21. Jahrhunderts? Was fordern sie? Welche Perspektiven haben sie auf die Veränderung der Gesellschaft?
Auf der Veranstaltung präsentiert Lucie Matting, Studentin der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/O, Ergebnisse ihres mehrmonatigen Forschungsaufenthalts in Caracas. Der Soziologe Dr. Andrej Holm gibt einen kurzen Überblick über stadtpolitische Kämpfe im internationalen Vergleich und fragt nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen den Los Sin Techos und Bewegungen gegen Gentrification in den kapitalistischen Kernländern.
In der Diskussion sollen zwei Aspekte im Vordergrund stehen: (1) Die Vielfalt der "Recht auf Stadt"-Bewegungen, deren Spannbreite vom Kampf um soziale Grundrechte (Zugang zu Wohnraum, Wasser, Strom etc.) bis zu Auseinandersetzungen um die Gestaltung und Nutzung des öffentlichen Raums reicht. (2) Das widersprüchliche Verhältnis zwischen sozialen Bewegungen und linken Regierungen oder Regierungsbeteiligungen.
Moderation: Nancy Wagenknecht
Gemeinsame Veranstaltung mit dem Interbrigadas e.V.