Philosophische Gespräche
Kapitalismuskritik hat Konjunktur. Aber was ist eigentlich das Problem am Kapitalismus? Ist er falsch, ungerecht, irrational oder schlecht? Ist er böse oder dumm – oder funktioniert er einfach nicht? Auf welcher Grundlage lässt sich also, anders gefragt, der Kapitalismus kritisieren? Wenn man den banalen Vorwurf an die Raffgier Einzelner einmal weglässt, lassen sich drei Argumentationsmuster bzw. drei Strategien der Kritik unterscheiden. Erstens eine funktional argumentierende Strategie: Der Kapitalismus kann als Gesellschafts- und Wirtschaftssystem nicht funktionieren; er ist intrinsisch dysfunktional und notwendig krisenhaft. Zweitens eine moralische oder gerechtigkeitsorientierte Argumentation: Kapitalismus beruht auf Ausbeutung und beruht auf oder produziert eine ungerechte Gesellschaftsstruktur. Drittens die ethische Kritik: Das durch den Kapitalismus geprägte Leben ist ein schlechtes – z.B. ein entfremdetes – Leben.
In meinem Vortrag möchte ich diese drei Argumentationslinien nachvollziehen und auf ihre Triftigkeit hin befragen; darüber hinaus werde ich dafür argumentieren, dass man das Spezifische des Kapitalismus und die spezifisch in ihm liegende(n) Problematik(en) nur dann erkennt, wenn man diese drei Dimensionen zusammensieht und den Kapitalismus unter dem übergreifenden Aspekt des Gelingens oder Scheiterns einer Lebensform betrachtet.
Referent: Prof. Rahel Jaeggi
Moderation: Dr. Matthias Rothe