Marzahner Gesellschaftspolitisches Forum
Referent: Dr. Alfred Neubauer
Moderation: Dr. Wolfgang Girnus
Aus Anlass des 100. Geburtstages des Physikochemikers und Philosophen Robert Havemann (11. März 1910 - 9. April 1982) spricht der Wissenschaftshistoriker Dr. Alfred Neubauer über zwei dramatische Jahre im Leben dieses Wissenschaftlers in der NS-Zeit. Der Forscher wurde im Dezember 1943 wegen antifaschistischer Widerstandstätigkeit zum Tode verurteilt. Vorgesetzten, Freunden und vor allem auch Havemann selbst gelang es, die Vollstreckung des Urteils erfolgreich bis zu seiner Befreiung im April 1945 durch die Rote Armee zu verhindern. Der Referent schildert den Kampf um das Überleben dieses im Zuchthaus Brandenburg-Görden inhaftierten Häftlings.
Prof. Dr. habil Robert Havemann (1910-1982), ab 1932 vielseitige Forschungstätigeit in Berlin als Physikochemiker, Erfinder, Kampfstoffforscher, Biochemiker, Fotochemiker, Philosoph. Havemann wurde 1950 Bürger der DDR und Mitglied der SED. Er wirkte an der Humboldt-Universität zu Berlin als Hochschullehrer und Institutsdirektor für Physikalische Chemie. Die Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin wählte ihn zum Korrespondierenden Mitglied. An der Akademie baute er eine Arbeitsstelle für Fotochemie auf. Mitte der 1960er Jahre hielt er eine politisch-philosophische Vorlesung über "Naturwissenschaftlich Aspekte philosophischer Probleme", die ihn in Konflikt mit der Partei- und Staatsführung der DDR brachte und letztlich zu seiner Entlassung aus allen beruflichen und politischen Funktionen in der DDR führte. Durch Repressionen wurde seine Isolation vom öffentlichen Leben in der DDR herbeigeführt. In der Bundesrepublik Deutschland wurden seine Bücher wie "Dialektik ohne Dogma", "Fragen Antworten Fragen", "Morgen. Die Industriegesellschaft am Scheideweg. Kritik und reale Utopie" publiziert.
Dr. rer. nat Alfred Neubauer, Dipl. Chem., Jg.1933, promovierte 1968 an der Humboldt-Universität zu Berlin mit einer Dissertation auf dem Gebiet der organischen Stereochemie. Mitte der 70er bis Mitte der 80er Jahre war er vor allem mit der langfristigen Planung chemischer Forschung an der Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW) befasst. Danach als Chemiehistoriker am Institut für Theorie, Geschichte und Organisation der Wissenschaften der AdW. Buchpublikationen: Chemie heute (1981), auch als "Chemistry today" (1983); Bittere Nobelpreise (2007).
Der Beitrag von Marko Ferst im Neuen Deutschland vom 6./7. März 2010 "Eine Reise ins grüne Utopia. Robert Havemann, kritischer Sozialist und Ökologe, wurde am 11. März vor 100 Jahren geboren", enthält Hinweise auf Veranstaltungen der Hellen Panke e.V. und der Robert-Havemann-Gesellschaft aus Anlaß des 100. Geburtstages von Robert Havemann.