Von: Roland Bach
Reihe "hefte zur ddr-gechichte", Heft 118, 2009, 68 S., A5, 3 Euro plus Versand
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Reihe "hefte zur ddr-geschichte", Heft 118, 2009, 68 S., A5, 3 Euro plus Versand
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INHALT
Vorbemerkungen
1. Die Gespräche FDJ - ehemalige HJ-Führer
1.1 Die Hintergründe
1.2 Die Kontaktaufnahme und Vorbereitung
1.3 Die Durchführung (29./30. Januar 1951)
1.4 Maßnahmen der Auswertung
1.5 Die Aktivitäten ehemaliger HJ-Führer und Offiziere im Ruhrgebiet
1.6 Der Bruch des Hamburger Kreises mit Jurzek
1.7 Die Vorbereitung einer geamtdeutschen Zeitung
2. Deutsch-deutsche Sportgespräche
2.1 Die Oberhofer Sportlergespräche
2.2 Der Einfluss Manfred von Brauchitschs
2.3 Der Kampf für ein gesamtdeutsches Olympisches Komitee
3. Zum Fortgang der Gespräche im Jahre 1951
3.1 Die Ausdehnung der Bewegung gegen die Remilitarisierung
3.2 Die Offizierstagung in Uelzen am 3.6.1951
3.3 Die III. Weltfestspiele der Jugend und Studenten
3.4 Das weitere Gespräch der Sportler aus Ost und West
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LESEPROBE
Vorbemerkungen
Zwei Ereignisse aus den Anfängen der DDR und der BRD werden in der vorliegenden Broschüre behandelt, die einerseits vom Umfang, der Durchführung, ihren Folgen und Wirkungen sehr unterschiedlich sind, andererseits aber von Ausgangspunkt, Inhalt und Konsequenzen her doch sehr eng zusammenhängen. In der gegenwärtigen Flut von Veröffentlichungen zum 60. Jahrestag der Gründung der beiden deutschen Staaten stehen sie nicht im Mittelpunkt, aber sie sind charakteristisch für all jene Versuche, die gleich am Beginn deren Auseinanderdriften aufhalten, vor allem einen Krieg zwischen ihnen verhindern und schließlich die Einheit Deutschlands wieder herstellen wollten.
Zunächst wird das Treffen von führenden Funktionären der Freien Deutschen Jugend mit ehemaligen Führern der Hitlerjugend, die 1945 zusammen mit der NSDAP und anderen faschistischen Organisationen als verbrecherisch verboten worden war, im Januar 1951 in Berlin behandelt. Anschließend wird dann die Thematik „Deutsche an einen Tisch!“ am Beispiel der Oberhofer Sportlergespräche fortgeführt. Die Folgen dieser Ereignisse werden bis zum Ende des Jahres 1951 untersucht.
In einem am 13.12.2007 ausgestrahlten Fernsehbeitrag des RBB unter dem Titel „Braunes Erbe. Der Antifaschismus der DDR“ kam das fast schon vergessene Ereignis des Treffens von führenden Funktionären der FDJ mit ehemaligen Führern der Hitlerjugend mit ins Bild – losgelöst von Hintergründen, Zusammenhängen und Folgen. Der Kommentar ordnete es in die Reihe der üblichen Verdächtigungen der DDR ein, versuchte nachzuweisen, wie wenig glaubhaft eigentlich ihr Antifaschismus gewesen sei. Verschiedene Wiederholungen der falschen Behauptungen sind Anlass genug für historische Forschung, Journalismus und Politik, genauer nachzufragen.
Will man den Dingen auf den Grund gehen und jenseits reißerischer Reportagen die Fakten prüfen und eine abgewogene Einschätzung dazu treffen, stößt man allerdings auf nicht unbeträchtliche Schwierigkeiten. In der DDR ist damals außer einer Mitteilung unmittelbar nach dem Treffen im SED-Zentralorgan „Neues Deutschland“ und in der Verbandszeitschrift der FDJ „Junge Welt“ nichts publiziert worden, was natürlich den Verdacht nährt, Erich Honecker und sein Stab mochten das Ereignis bald in Vergessenheit fallen lassen. In den verschiedenen Dokumentenbänden und in der offiziellen Geschichte der FDJ konnte man ebenfalls nichts darüber lesen. In der BRD war zwar unmittelbar danach zumindest in einigen Presseorganen etwas zu finden, aber auch hier reichte das Interesse nicht über den Tag hinaus. Umso bemerkenswerter ist die Tatsache, dass Artur Axmann, letzter Chef der faschistischen Jugendorganisation und „Reichsjugendführer“ unter Hitler bis 1945, in seinen 1994 erschienenen Memoiren dem Treffen, an dem er selbst nicht beteiligt war, mehrere Seiten widmete. Er konnte sich dabei die Öffnung der Archive des Zentralrats der FDJ nach der Wende 1989 zunutze machen, in denen eine Reihe von Dokumenten über die ganze Zeit – wenn auch nicht exakt archivalisch bearbeitet – aufbewahrt wurde.
Im 1990 gegründeten Institut für zeitgeschichtliche Jugendforschung (IzJ) in Berlin, das zunächst die Bestände des FDJ-Archivs übernommen hatte, begann erstmals auch eine breiter angelegte Aufarbeitung der Dokumente zur Westarbeit der FDJ von 1945/46 bis 1990.[1] Die Thematisierung des Treffens von 1951 blieb hier zunächst auf einen Beitrag im Werkstattgespräch am 7.12.1994 beschränkt. Dieser wurde im Jahrbuch für Zeitgeschichtliche Jugendforschung 1994/1995 und in einer Dissertation von Michael Walter am Arnold-Bergsträsser-Institut Freiburg i.Br. erwähnt.[2] Walter stülpte allerdings ohne eigene Recherchen hier seine vorgefasste Sicht über die vom IzJ erforschten und dargestellten Fakten. Ausführlicher untersuchte erst Michael Herms eine Verbindungslinie des Auftretens ehemaliger HJ-Führer im Rahmen der „Aktionsgemeinschaft der Jugend für ein einiges Deutschland“ in den Jahren 1949/1950 zu den Ereignissen von 1951.[3] Schließlich fand das Berliner Gespräch eine Erwähnung – ebenfalls ohne exakte Untersuchung von Quellen und Fakten, wichtige Zusammenhänge ausklammernd – in den neunziger Jahren bei einer Veranstaltung der Stasi-Unterlagenbehörde (damals „Gauck-Behörde“) zur Thematik der deutsch-deutschen Jugendbeziehungen vor 1989. Hier wurde über vierzig Jahre danach versucht, Empörung zu stiften, dass das Treffen überhaupt stattgefunden hatte.
Anders liegen die Dinge, schaut man auf die deutsch-deutschen Sportgespräche im Februar 1951. Sie fanden damals große Publizität sowohl in der Tagespresse und im Rundfunk als auch in den Sportzeitungen. Dafür sorgten nicht nur der wesentlich größere Teilnehmerkreis und die umfassende Vorbereitung der Berichterstattung, sondern auch das Auftreten der führenden Politiker der DDR und die Anwesenheit zahlreicher leitender Sportfunktionäre aus der BRD. Allerdings gerieten, wie noch zu zeigen sein wird, auch diese Beziehungen in der Folge bald in die harten Konfrontationen des kalten Krieges. Auch hier blieben in der Forschung und Publikation dann große Lücken und es verwundert nicht, dass sich Sporthistoriker erst am Ende der achtziger und Anfang der neunziger Jahre des Themas annahmen.[4]
Der folgende Beitrag ordnet die Ereignisse im Jahre 1951 streng in die Zusammenhänge des politischen Geschehens jener Zeit an Hand der inzwischen weitgehend aufgearbeiteten Unterlagen und Dokumente im Bundesarchiv /SAPMO ein, bezieht Pressematerial sowie einige persönliche Erinnerungen und die persönliche Kenntnis einiger handelnder Personen ein. Er beginnt mit dem Hintergrund und behandelt dann Vorbereitung, Durchführung und Folgeereignisse.
[1] Diese Bestände sind jetzt in der Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv /Abt. Berlin-Lichterfelde (Im Folgenden: SAPMO-BArch) eingeordnet.
[2] Jahrbuch für Zeitgeschichtliche Jugendforschung 1994/1995. Metropol Verlag Berlin 1995, S. 327; Michael Walter: Die Freie Deutsche Jugend, Arnold-Bergsträsser-Institut Freiburg i. Br. 1997, S. 225/226.
[3] Michael Herms: Hinter den Linien: Westarbeit der FDJ 1945–1956. Metropol Verlag Berlin 2001, S. 209–213.
[4] Siehe dazu vor allem: Günter Wonneberger/ Helmuth Westphal/ Gerhard Oehmigen/ Joachim Fiebelkorn/ Hans Simon/ Lothar Skorning: Geschichte des DDR-Sports. Spottless-Verlag Berlin. 2002, S. 156–159.