Publikationen

Suchmaske
Suche schließen

Heft 128: Was wäre geschehen, wenn ...

Nachdenken über Alternativen zum Verlauf der DDR-Geschichte

Von: Jörg Roesler

Heft 128: Was wäre geschehen, wenn ...

Reihe "hefte zur ddr-geschichte", Heft 128, 2013, 44 S., A5, 3 Euro plus Versand

--------------------------------------------------------------------

Autor: Jörg Roesler, Prof. Dr., Wirtschaftshistoriker, Berlin

------------------------------------------------------------

INHALT

1. Kontrafaktische Geschichte – Spätgeburt und Schmuddelkind der Historiografie?

2. Die verborgenen Verführungen und die verordneten Einseitigkeiten der Realgeschichtsschreibung

3. Einzuhaltende Grundsätze beim Betreiben einer seriösen Eventualgeschichte

4. Beispiele kontrafaktischer Befragung der DDR-Geschichte

4.1 Was wäre geschehen, wenn die sowjetischen Deutschlandvorschläge vom März 1952 von den westlichen Alliierten akzeptiert worden wären?

4.2 Was wäre geschehen, wenn die Sektorengrenze zu Westberlin deutlich früher abgeriegelt worden wäre?

4.3 Was wäre geschehen, wenn Ulbricht von Honecker nicht gestürzt und die Wirtschaftsreform 1971–1975 unangefochten weitergeführt worden wäre?

4.4 Was wäre geschehen, wenn es dem französischen Präsidenten Mitterand 1989/90 gelungen wäre, seine Vorstellungen von einer unabhängig bleibenden marktwirtschaftlich orientierten DDR international durchzusetzen?

5. Einige Schlussfolgerungen für die Aufarbeitung und Darstellung der DDR-Geschichte

---------------------------------------------------------------------------------------

LESEPROBE

1. Kontrafaktische Geschichte – Spätgeburt und Schmuddelkind der Historiografie?

Geschichte ist – so definierte es einst Aristoteles – die Wiedergabe dessen, was geschehen ist. Auch nach heutiger Auffassung hat die Geschichtswissenschaft die Aufgabe, „alle bezeugten geschichtlichen Tatbestände möglichst genau und vollständig festzustellen“ und darüber hinaus „ihre Zusammenhänge, Bedingtheiten und Wirkungen verständlich zu machen“.[1] Nachzudenken darüber, was geschehen wäre, wenn bestimmte historische Tatsachen nicht oder anders eingetroffen wären, ist bis heute in den historischen Wissenschaften verpönt. Die geschichtswissenschaftliche Erkenntnis ergebe sich aus der Interpretation von schriftlichen und mündlichen, auch statistischen Quellen, die über Geschehenes aussagen. Vor Mutmaßungen über ungeschehene Geschichte sollte man sich hüten, äußerte sich die Mehrzahl der Geschichtswissenschaftler des 19. und 20. Jahrhunderts. Schließlich erfordere bereits die kritische Analyse der schriftlichen und mündlichen Quellen die ganze Aufmerksamkeit und die intellektuellen Fähigkeiten des Geschichtswissenschaftlers. Viele Historiker raten bis heute von Gedankenexperimenten einer kontrafaktischen Geschichtsschreibung ab, lehnen es kategorisch ab, darüber nachzusinnen, was geschehen wäre, wenn eine den historischen Prozess prägende Person z. B. durch plötzlichen Tod oder infolge eines Attentats ausgefallen wäre, wenn aus dem Zusammenprall von Entwicklungstrends entstandene Zuspitzungen, die spektakuläre Ereignisse nach sich zogen, hätten vermieden werden können. Aber auch manche Laien warnen die Professionellen davor, sich „auf das Gebiet der Wahrsagerei“ zu begeben.[2]

Ungeachtet dessen ist während der 1980er Jahre in den USA, die „What-If-School of Historical Studies“ entstanden. Besonders bemüht hat sich um den sich herausbildenden Zweig der Geschichtswissenschaft der Militärhistoriker Robert Cowley, der 1999 einen Band zur Alternativgeschichte herausgab, in dem führende Militärhistoriker Beispiele der „Geschichte im Konjunktiv“ durchexerzierten.[3]

Ermutigt durch das Aufkommen der „Counterfactual History“ in den Vereinigten Staaten hielt der Althistoriker Alexander Demandt vom Friedrich-Meinecke-Institut an der Freien Universität Berlin im Wintersemester 1983/84 erstmals in der Bundesrepublik ein Seminar zur „Kontrafaktischen Geschichte“ ab. Damals gab es noch erhebliche Zweifel an der Wissenschaftlichkeit der Veranstaltung seitens der zuständigen Universitätsbehörden. So zeigte sich das Berliner Wissenschaftliche Landesprüfungsamt nicht gewillt, die den Studenten des Seminars über kontrafaktische Geschichte ausgestellten Teilnahmenachweise anzuerkennen.[4] Doch das auf der Grundlage des Seminars von Demandt 1984 publizierte Buch „Ungeschehene Geschichte. Ein Traktat über die Frage: Was wäre geschehen, wenn …?“ stieß auch unter Fachkollegen auf so großes Interesse, dass bis 2005 vier Auflagen erschienen und 2010 eine Neuausgabe erfolgen konnte.[5]

In der DDR war man Mitte der 80er Jahre u. a. am von Jürgen Kuczynski gegründeten Akademieinstitut für Wirtschaftsgeschichte auf die „Counterfactual History“ aufmerksam geworden. Als einer der von der Institutsleitung zum Weltwirtschaftshistorikerkongress nach Bern 1986 geschickten Wissenschaftler erhielt der Autor den Auftrag, einem diese neue Richtung auf dem Kongress vertretenden US-amerikanischen Kollegen aufmerksam zuzuhören und über das Thema nachzudenken. Doch der mit der Wende von 1989/90 beginnende Überlebenskampf und die anschließende Liquidierung des Instituts für Wirtschaftsgeschichte bereiteten dieser wissenschaftlichen Neugier bald ein Ende.[6] Dass die kontrafaktische Geschichtsschreibung auch unter den noch in der DDR sozialisierten deutschen Historikern ihre Anhänger gefunden hatte, davon zeugte der Widerhall, den der Ruf der Journalistin des „neuen deutschland“ und Historikerin Karlen Vesper im zweiten Halbjahr 2007 fand, ausgewählte Ereignisse von der Antike bis zur DDR-Zeit kontrafaktisch vorzustellen, d. h. sich darüber zu äußern, welchen Verlauf die Geschichte genommen hätte, wenn diese Geschehnisse nicht eingetreten oder anders abgelaufen wären.[7] Die Redaktion der Zeitung hatte dem ersten Artikel eine kurze Einleitung vorangestellt, in der es hieß: „ND wagt mit Wissenschaftlern, wovor diese sich eigentlich scheuen.“[8]

Ein Jahr später erschien die erste auflagenstarke Veröffentlichung zur „Eventualgeschichte“ in Deutschland – eine Übersetzung aus dem Amerikanischen.[9] Aber bereits im Jahre 2003 hatte der Historiker Stefan Jordan „Kontrafaktische Geschichte“ als einen von hundert Grundbegriffen ins „Lexikon der Geschichtswissenschaft“ aufgenommen.[10] Die Mehrzahl der Historiker in Deutschland hat allerdings ihre Gegnerschaft zur „Counterfactual History“ bisher nicht aufgegeben. Im 2004 erschienenen „Katechismus der Geschichtswissenschaft“ von Thomas Beck und Klaus Geus wird die Frage „Was leistet die virtuelle bzw. kontrafaktische Geschichtsschreibung?“ von den Verfassern so beantwortet: „In unseren Augen leistet die virtuelle bzw. kontrafaktische Geschichtsschreibung deswegen nichts, weil sie konstruierte historische Alternativen (mit dem tatsächlich Geschehenen – J. R.) als gleichwertig ausgibt. Das ist nach unserem Verständnis von Geschichte unzulässig, ja sogar unseriös. … Ein Historiker, der dies für Wissenschaft ausgibt, macht sich in unseren Augen unglaubwürdig.“[11] Gemäß diesem Urteil sind Historiker, die sich der Methoden der Eventualgeschichte bedienen, keine Wissenschaftler, sondern Scharlatane, die kontrafaktische Geschichtsschreibung das Schmuddelkind der Historiographie.

Dabei hat es unter den Historikern ein Nachdenken über unrealisierte Möglichkeiten im Geschichtsablauf schon immer gegeben. Der Althistoriker Demandt weist darauf hin, dass bereits der Vater der antiken Geschichtsschreibung, Herodot, die Frage „Was wäre geschehen, wenn …?“ gestellt hat.[12] Auch im 19. und 20. Jahrhundert hat immer wieder mal ein Historiker das Wort Leopold von Rankes aus dem Jahre 1824, dass es Aufgabe der Geschichtswissenschaft sei, unter strenger Kontrolle der Quellen die Fakten zu finden und darzustellen „wie es eigentlich gewesen“, beiseite gelassen und sich mit der Frage „Was wäre wenn …“ beschäftigt hat, die Cowley die „geheime Lieblingsfrage der Historiker“ nennt.[13]

Auch der Autor dieses Heftes hatte dieser heimlichen Liebe bereits gefrönt, bevor er sich grundsätzlich mit den Vor- und Nachteilen der kontrafaktischen Geschichtsschreibung explizit auseinander zu setzen begann.[14]

2. Die verborgenen Verführungen und die verordneten Einseitigkeiten der Realgeschichtsschreibung

Die Realgeschichtsschreibung, die sich alleinig damit befasst, „was eigentlich gewesen ist“, hat sicher für den historisch interessierten Leser gegenüber der virtuellen ihre Vorteile. Sie beunruhigt ihn nicht mit nicht eingetretenen Möglichkeiten, hypothetischen Alternativen zum wirklich Geschehenen, verführt ihn nicht zum Spekulieren. Doch auch sie birgt immanente Verführungen, die zu Fehlurteilen verleiten können.

Der Historiker sieht aus der gegebenen Situation zurück auf die Vergangenheit. Er untersucht die Schritte auf dem Wege zur Zielsituation und beschreibt, wie und warum alles so gekommen ist. Der Geschichtsverlauf, der auf diese Weise zustande kommt, bietet sich als linearer und kausal begründeter Ablauf dar. Die Handelnden, so scheint es, waren nicht in der Lage sich den Umständen zu entziehen, das Ergebnis unausweichlich. Nehmen wir als Beispiel die Darstellung der SED-Herrschaft über die DDR, über die seit den 90er Jahren viele Monographien erschienen sind, deren Ausgangspunkt der „Zusammenbruch“ der DDR 1989/90 bildet. Den Verlauf der DDR-Geschichte, der sich auf diese Weise zusammenfügt, haben die selbsternannten „Aufarbeiter der DDR-Geschichte“ Armin Mitter und Stefan Wolle wohl am folgerichtigsten als „Untergang auf Raten“ beschrieben.[15]

DDR-Geschichte wurde von ihnen „von hinten nach vorn“ rekonstruiert. Wichtige Momente der Wirklichkeit blieben ausgeklammert. Bei den „Aufarbeitern der DDR-Geschichte“ findet keine Berücksichtigung, dass die SED-Politiker, die die Entscheidungen zur Realisierung des nächsten Schrittes auf dem Weg zum Sozialismus vorzunehmen hatten, nicht wissen konnten, dass die DDR 1990 aufhören würde zu existieren. Für die Lösung der anstehenden Aufgaben und Probleme unter Wahrung des Zieles – sozialer und wirtschaftlicher Auf- und Ausbau bei politischer, wirtschaftlicher, polizeilicher und militärischer Absicherung der Existenz einer sozialistischen DDR – sahen die führenden Politiker verschiedene, bequemere oder schwierige Wege, erkannten sie lockende oder abschreckende Möglichkeiten, zum Ziel zu gelangen. Diese Möglichkeiten machten das Handlungs- und Ereignisfeld aus, in dem sie agieren konnten bzw. handeln mussten. Ihnen schien die Situation offen – jedenfalls noch bis Mitte der 80er Jahre.[16] Sie glaubten über die Freiheit des Handelns zu verfügen. Die damals entschieden, dies zu tun oder jenes zu lassen, verfügten über einen anderen Horizont als der Historiker, der sich heute der DDR-Geschichte widmet. Dessen muss man sich vergegenwärtigen, wenn es zu begreifen gilt, warum in bestimmten Situationen so und nicht anders entschieden wurde. Wenn der Historiker diesen Unterschied zwischen unserem heutigen und dem damals zur Verfügung stehenden Wissen über den Geschichtsablauf nicht berücksichtigt, wird er bei der Beurteilung derjenigen, die damals entschieden, zu falschen Schlüssen kommen, die Handlungen jener Akteure einseitig bewerten, vor allem aber meinen, dass sie ihren schicksalhaften Beitrag zum „Untergang der DDR“ leistend, nicht anders handeln konnten.

Die teleologische Geschichtsbetrachtung, die nur jene Ereignisse und Zusammenhänge in der Geschichte der DDR untersucht, die zu dem heutzutage bekannten Endergebnis geführt haben, macht es sich zu leicht: Sie unterschätzt die handelnden Personen, sieht nicht die oftmals vorhandene Vielfalt der Möglichkeiten. Deshalb sollte jeder Historiker bemüht sein, den Verführungen, die die teleologische Betrachtungsweise in sich birgt, zu widerstehen. Nicht jedem gelingt das.

Doch das ist noch nicht die ganze Wahrheit. Hinzu kommt, dass teleologische Geschichtsbetrachtung dem Historiker nicht nur „passiert“, sondern ihm unter Umständen, und häufiger als man denkt, auch vorgegeben wird. Die Historikerinnen Jana König und Elisabeth Steffen schreiben dazu: „Aus welcher Perspektive Geschichte erzählt wird, wie gerade diese Perspektive zur offiziell legitimierten wird und was demgegenüber ‚vergessen’ wird, ist … abhängig von gesellschaftlichen Machtverhältnissen. Vergangenheitsrepräsentationen sind keine objektiven Darstellungen historischer Fakten, sondern Ergebnisse eines selektiven Prozesses, der wesentlich von den Verhältnissen der Gegenwart beeinflusst ist. Der hegemoniale Geschichtsdiskurs homogenisiert die Vergangenheit, die Komplexität von Ereignissen und Perspektiven wird ausgeblendet.“[17] Konkret für den Untersuchungsgegenstand DDR vermerken die beiden Historikerinnen, ausgehend von der offiziell geförderten Geschichtsauffassung über die BRD: Gemäß der bundesdeutschen Geschichtslegende ist die Existenz der DDR – genau wie die Zeit der NS-Herrschaft – als „Unterbrechung, Pause oder Zwischenakt“ im teleologischen deutschen Geschichtsverlauf ab dem 19. Jahrhundert hin zu immer mehr Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu deuten.[18] „Während die Geschichte im ‚Westen’ kontinuierlich voranschritt, gilt die historische Entwicklung der realsozialistischen Gesellschaften als zurück- oder gar stehengeblieben.“[19]

Die teleologische Betrachtung der DDR-Geschichte wurde übrigens nicht erst geboren, als die Historiker von ihrem Ende auf die 40 Jahre ihrer Existenz zurückzublicken begannen. Sie wurde von DDR-Historikern auch schon zu „DDR-Zeiten“ betrieben – allerdings von einem anderen erwarteten Ergebnis aus. Der Historiker Jochen Cerny, Mitarbeiter am Bereich „DDR-Geschichte“ am Zen-tralinstitut für Geschichte der Akademie der Wissenschaften der DDR, schrieb darüber Anfang 1990 im Vorwort zu einem der „Neubefragung von DDR-Geschichte“ gewidmeten Aufsatzband, der sich – in bewusster Distanz zur bis dahin üblichen Darstellung der DDR-Geschichte als kontinuierliche Aufwärtsentwicklung – mit „Brüchen, Krisen, Wendepunkten“ in der politischen, der Wirtschafts-, Sozial- und Kulturgeschichte der DDR befasste: „Der vermeintliche Zweck deutscher Geschichte (war es), die Deutsche Demokratische Republik hervorzubringen. Kaum eine andere geschichtswissenschaftliche Disziplin war so diszipliniert wie unsere, keine in gleichem Maße teleologisch, keine lieferte soviel Apologie und hat sich gleicherweise diskreditiert.“[20]

Gerade das, was die Realgeschichtsschreibung oft unterschätzt, die Komplexität von Entscheidungssituationen und die unterschiedlichen Möglichkeiten der Lösung der zu bewältigenden Probleme, bildet den Ausgangspunkt und ist die Stärke der kontrafaktischen Geschichtsschreibung. Sie verweist auf andere als die dann verwirklichten Vorstellungen zur Lösung der anstehenden Probleme und macht damit Alternativen sichtbar. Misst man diese an den realisierten Lösungen, dann wird erst voll erkennbar, welchen Charakter, welche Qualität die realisierte Lösung hatte, welche anderen brauchbaren, unter Umständen sogar besseren Lösungen von den Akteuren verworfen bzw. von ihnen gar nicht erst angedacht wurden.

Die kontrafaktische Geschichtsschreibung bewertet, indem sie mögliche Perspektiven mit der realisierten vergleicht, nicht nur die historischen Entscheidungssituationen, sondern auch ihre Akteure. Diese sind nicht in erster Linie Vollzugspersonen eines schicksalhaft gegebenen Trends, sondern historische Subjekte in einem offenen Geschichtsablauf.

Bedeutet aber die These von der Offenheit der Geschichte, dass sich der Geschichtsablauf aus der jeweiligen realgeschichtlich fixierten Situation heraus beliebig entwickeln kann? Robert Cowley, der von allen Verfechtern der virtuellen Geschichte wohl am meisten für deren Verbreitung getan hat, scheint dieser Überzeugung zu sein, wenn er im Vorwort zu dem von ihm herausgegebenen Band „Was wäre geschehen, wenn?“, in dem 23 namhafte Historiker Beispiele für Eventualgeschichte vorstellen, die Auffassung vertritt: „Die einzige feste Regel, die in der Geschichte gilt, ist, dass es keine festen Regeln und Gesetze gibt.“[21]

Dazu ist zu sagen: Gewiss, es gibt in der Regel mehrere Entscheidungsmöglichkeiten, aber nicht alles, was möglich war, ist auch realisierbar gewesen. Wird das nicht berücksichtigt, so kann an Stelle eines exakt formulierten Gedankenexperiments rasch ein Produkt der Phantasie treten. Der Verdacht, dass Eventualgeschichte letztlich nicht mehr als Spekuliererei sei, ist unter Historikern bis heute weit verbreitet. Ganz in diesem Sinne heißt es im „Katechismus der Geschichtswissenschaft“: „Die Geschichte kennt durchaus Situationen, wo einem handelnden Subjekt Alternativen offen standen. Aber eine Spekulation darüber, was aus den Alternativen folgt oder folgen kann, ist keine Wissenschaft mehr und verbietet sich daher von selbst. In einem streng logischen Sinne sind historische Alternativen nicht ‚denkbar’, sondern allenfalls ‚phantasierbar’!“[22]

[1] Brockhaus. Enzyklopädie, Bd. 8, Leipzig/Mannheim 2001, S. 435.

[2] So der Leser Karlheinz Barthel aus Plauen in seiner Stellungnahme zur “Was wäre wenn”-Artikelserie im „neuen deutschland“ (nd) vom Sommer 2007. (nd v. 29.8.2007).

[3] Cowley, Robert (Hrsg.), What If? The World´s Formost Military Historians Imagine What Might Have Been, New York 1992.

[4] Demandt, Alexander, Ungeschehene Geschichte. Ein Traktat über die Frage: Was wäre geschehen, wenn …?, Göttingen 2011, S. 9.

[5] Ebenda, S. 8–13.

[6] Vgl. Werner Röhr, Abwicklung. Das Ende der Geschichtswissenschaft der DDR. Bd. 1, Analyse einer Zerstörung, Berlin 2011, S. 86–90, 298–300.

[7] Drei davon betrafen die deutsche Nachkriegsgeschichte bzw. DDR-Geschichte: Benser, Günter, Von Unsicherheit diktiert. Was wäre, wenn Schumacher den gesamtdeutschen Parteitag nicht verhindert hätte?, in: nd v. 15./16.9.2007; Roesler, Jörg, Die verfehlte Palastrevolte, Was wäre, wenn … Kohl 1989 von Geißler u. Co gestürzt worden wäre, in: nd v. 11./12.8.2007 und Schuster, Ulrike, Was wäre, wenn das Jugendkommuniqué 1963 nicht gleich Makulatur geworden wäre, in: nd v. 22./23.12.2007. Die anderen Autoren: Johnny Norden, Ronald Sprafke, Gerd Fesser, Kurt Pätzold, Armin Jähne.

[8] nd v. 28./29.7.2007.

[9] Cowley, Robert, Was wäre geschehen, wenn? Wendepunkte der Weltgeschichte, Köln 2008 (im Folgenden: Cowley).

[10] Jordan, Stefan, Kontrafaktische Geschichte, in: Lexikon Geschichtswissenschaft. Hundert Grundbegriffe, Ditzingen 2003, S. 190–192.

[11] Beck, Thomas/Geus, Klaus, Katechismus der Geschichtswissenschaft. Ein Lehrbuch in 100 Fragen und Antworten, Oberhaid 2004, S. 64.

[12] Demandt, S. 10.

[13] Cowley, S. 12.

[14] Roesler, Jörg, Geschasste Innovatoren? Was wäre, wenn es die 1972er Enteignung in der DDR nicht gegeben hätte?, in: Hartmann, Wolf D. (Hrsg.), Innovationslust contra Veränderungsfrust, Berlin 1997, S. 122–133; Roesler, Jörg, Hätte eine eigenständige DDR eine Chance gehabt? Überlegungen eines Wirtschaftshistorikers, in: Die DDR zwischen Wende und Anschluss (Pankower Vorträge 20), Berlin 2000, S. 51–58; Roesler, Jörg, Die DDR in den neunziger Jahren. Eine Animation, in: Utopie kreativ, 112/2000, S. 149–155.

[15] Mitter, Armin/Wolle, Stefan, Untergang auf Raten. Unbekannte Kapitel der DDR-Geschichte, Göttingen 1993.

[16] Vgl. Roesler, Jörg, Geschichte der DDR, Köln 2012, S. 91.

[17] Fischer, Henning/Fuhrmann, Uwe/König, Jana/Steffen, Elisabeth/Sträter, Till (Hrsg.), Zwischen Ignoranz und Inszenierung. Die Bedeutung von Mythos und Geschichte für die Gegenwart der Nation, Münster 2012, S. 136.

[18] Charakteristisch dafür ist die Mehrzahl der Publikationen der Bundeszentrale für politische Bildung über die DDR. Vgl. z.B. Kowalczuk, Ilko-Sascha, Das bewegte Jahrzehnt. Geschichte der DDR von 1949 bis 1961, Bonn 2003; Wolle, Stefan, Aufbruch in die Stagnation, Die DDR in den sechziger Jahren, Bonn, 2005.

[19] König, Jana/Steffen Elisabeth, Das Ende der Geschichte? Die Einordnung von DDR und ‚Wiedervereinigung’ in das postsozialistische Kontinuum der Nation, in: Fischer u. a., S. 139.

[20] Cerny, Jochen, Brüche – Krisen – Wendepunkte. Neubefragung von DDR-Geschichte, Leipzig/Jena/Berlin 1990, S. 9, 10.

[21] Cowley, S. 14.

[22] Beck/Geus, S. 64–65.

  • Preis: 4.00 €